BERLIN. Der ehemalige Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin (SPD) hat das SPD-Wahlprogramm zur Integration scharf kritisiert. Dieses falle in „die Kategorie Märchenstunde“ und bringe die Zuwanderungsdebatte analytisch nicht weiter, sagte Sarrazin der Berliner Morgenpost.
Die SPD blende derzeit dem Umstand aus, daß es innerhalb der Einwanderer große Gruppen gibt, die einen deutlich geringeren Integrationserfolg aufwiesen, warnte der frühere Berliner Finanzsenator. „Es ist grundfalsch, Ukrainer, Weißrussen, Türken oder Araber über einen Kamm zu scheren.“
Zugleich attackierte er die Bildungspolitik des rot-roten Senates in Berlin. Dieser habe mit dem jahrgangsübergreifenden Lernen an Grundschulen, bei dem Schüler unterschiedlicher Altersstufen gemeinsam lernen und so die stärkeren die schwächeren unterstützen sollen, am Ende nur eine Menge Geld verschwendet. „Wir dürfen nicht mehr weiter die Standards absenken, um allen Schülern einen Abschluß zu ermöglichen.“
Unterstützung für Buschkowsky
Rückblickend auf sein vor einem Jahr erschienenem Buch „Deutschland schafft sich ab“, betonte der Sozialdemokrat, abgesehen von einigen aktuelleren Zahlen würde er dieses heute noch genauso wieder schreiben.
Immerhin habe die dadurch angestoßene Integrationsdebatte dafür gesorgt, daß die SPD-Führung Politiker wie Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) jetzt ernster nehme. Mit diesem habe er sich in seiner Zeit als Finanzsenator zwar oft um Geld gestritten, dennoch habe Buschkowsky ihm noch nach der Lektüre des Integrationskapitels von „Deutschland schafft sich ab“ zahlreiche Hinweise gegeben.
Bereits in der vergangenen Woche war bekannt geworden, daß Sarrazin der Neuköllner SPD eine Wahlkampfspende von 5.000 Euro zukommen ließ. Der Vorstandssprecher der Grünen in dem Problembezirk, André Schulze, hatte der SPD daraufhin vorgeworfen, sich nicht deutlich genug von den Thesen des früheren Bundesbankvorstandes zu distanzieren. Damit hätten sich die Sozialdemokraten „gegen die Integration und Teilhabe zugewanderter Menschen“ gestellt. Buschkowsky verteidigte die Annahme der Spende. Er habe davon gewußt, mache sich deswegen aber nicht alle Aussagen Sarrazins zu eigen. (ho)