BERLIN. Die Visumpflicht für Türken in Deutschland scheint kurz vor der Aufhebung zu stehen. Hintergrund ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes im Februar, der die bisherige deutsche Regelung teilweise für ungültig erklärte. Unklarheit herrscht weiterhin über die Auswirkung des Urteils.
Der Parlamentarische Staatssekretär Peter Altmaier (CDU) bekräftigte in einer Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Veronika Bellmann (CDU), daß die Bundesregierung weiterhin an einer Visumpflicht festhalte. Allerdings habe man die bisherige Regelung dem EU-Urteil entsprechend angepaßt. Ausnahmen gelten jetzt für Türken, die „für einen Zeitraum von bis zu zwei Monaten grenzüberschreitende LKW-Fahrten in Deutschland“ oder ähnliche Dienstleistungen durchführen.
Gerichte sehen Ausnahmeregelung skeptisch
Weitere Ausnahmen gelten auch für türkische Staatsbürger, die „in Vorträgen oder Darbietungen von besonderem wissenschaftlichen oder künstlerischen Wert oder bei Darbietungen sportlichen Charakters in kommerzieller Absicht tätig werden wollen“. Trotz dieser Zugeständnisse an die EU-Rechtsprechung fordern Kritiker eine völlige Aufhebung der Visumpflicht, wie beispielsweise die Grünenfraktion im Bundestag.
Aber auch Gerichte sehen die Einschränkung der Visumpflicht auf den durch die europäische Dienstleistungsfreiheit definierten Personenkreis skeptisch. So hat das Amtsgericht Erding in einer Entscheidung die Argumentation des Bundesinnenministeriums als „lebensfremd“ abgelehnt und den Aufenthalt eines türkischen Klägers legalisiert. Auch das Berliner Verwaltungsgericht hatte in einem vergleichbaren Fall ähnlich entschieden.
„Ich fordere die Bundesregierung auf, die juristischen Tricksereien bei der Umsetzung des Soysal-Urteils einzustellen und Menschen aus der Türkei zu Besuchs- und touristischen Zwecken endlich eine visumfreie Einreise zu ermöglichen – wie es seit fast 30 Jahren hätte der Fall sein müssen“, erklärte die einwanderungspolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag, Sevim Dagdelen. (FA)