MERSEBURG. Der Oberbürgermeister von Merseburg, Jens Bühligen (CDU), sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, er vernachlässige den „Kampf gegen Rechts“. Dem Oberhaupt der sachsen-anhaltinischen Stadt war zuvor ein folgenschwerer Lapsus unterlaufen.
Bühligen war Ende März beim Freibieranstich während eines „Frühlingsfestes“ in der Saalestadt gemeinsam mit sechs Mitgliedern der rechtsextremen Szene fotografiert worden. Die „Autonomen Nationalisten“ hatten das Foto, auf dem das Stadtoberhaupt lächelnd mit einem Bierglas in der Hand zwischen den schwarzgekleideten jungen Männern steht, anschließend auf ihrer Internetseite veröffentlicht.
Die Gruppierung wird in Sachsen-Anhalt vom Verfassungsschutz beobachtet und als verfassungsfeindlich eingestuft. Bühligen hatte sich im Stadtrat für das Foto entschuldigt und erklärt, er habe nach Bekanntwerden des Vorfalls umgehend „über Verfassungs- und Datenschutz, Polizei und Rechtsanwälte die Sperrung der Internetseite veranlaßt“.
„Opfer von Nazipropaganda“
Er nannte den Vorfall einen „riesengroßen Fehler“, bezeichnete sich gleichzeitig jedoch als „Opfer von Nazipropaganda“. Für ihn sei nicht erkennbar gewesen, „daß die Männer zur Neonazi-Szene gehörten“, sagte Bühligen der Mitteldeutschen Zeitung (MZ).
Auf der Internetseite des „Freien Widerstands Halle“ hieß es dagegen, die an der Foto-Aktion Beteiligten hätten sich durch ihre „Kleidung und Buttons“ selbst sehr wohl zu erkennen gegeben. Im übrigen seien Polizeibeamte auf sie aufmerksam geworden und ihnen gefolgt, weil sie vorher Flugblätter verteilt hatten.
Die politische Konkurrenz wirft dem Oberbürgermeister nun vor, er setze sich nicht ausreichend mit dem Thema Rechtsextremismus auseinander. Seit der Christdemokrat die Verantwortung trägt, habe das Engagement der Stadt am „Runden Tisch für Demokratie und Friedfertigkeit“ stark nachgelassen, stellte der SPD-Kreisvorsitzende Steffen Eichner fest.
<---newpage---> Grüne: Mangelndes Engagement gegen Rechtsextremismus
Der Oberbürgermeister dürfe sich nicht wundern, „daß er von Rechtsextremen hereingelegt wurde, wenn er sich nicht über die rechte Szene in der Stadt informiere“, sagte Eichner der MZ. Die Sozialdemokraten werfen dem CDU-Mann vor, auf „politisch unbedarfte Art und Weise“ zu agieren. Auch die Grünen monieren, Bühligen habe es nach seinem Amtsantritt vor einem Jahr an Engagement gegen Rechtsextremismus fehlen lassen.
Der „Runde Tisch“ wäre der richtige Ort gewesen, „um sich über die lokale Naziszene zu informieren“, meinte der Kreisvorsitzende Andreas Löhne. Und auch Linksfraktions-Chef Michael Finger forderte laut MZ die persönliche Anwesenheit des Stadtoberhaupts.
„Für Neonazis in Merseburg kein Platz“
Der kritisierte Oberbürgermeister rechtfertigte das zeitweise Fehlen der Stadtverwaltung bei den Treffen des Runden Tisches mit organisatorischen Gründen. Der Verein „Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt“ gab ihm den Rat, er solle „ein deutliches Zeichen“ setzen, daß er das Thema Rechtsextremismus ernst nehme.
So ein Signal habe man jedoch bisher nicht erkennen können. Bleibe dies weiterhin aus, sei das „eine Aufwertung der Neonazi-Szene“, so ein Sprecher von „Miteinander“. Bühligen betonte unterdessen in einer Mitteilung, es sei „für Neonazis in Merseburg kein Platz“. (vo)