MÜNCHEN/PASSAU. Die im Fall des niedergestochenen Passauer Polizeichefs Alois Mannichl eingesetzte Sonderkommission steht offenbar vor dem Aus. Wie der Focus berichtet, soll die rund fünfzigköpfige Ermittlungsgruppe aufgelöst werden.
An ihrer Stelle soll eine neue Sonderkommission des bayerischen Landeskriminalamts die Ermittlungen übernehmen. Diese solle noch einmal bei „Null“ anfangen und in alle Richtungen ermitteln. Bislang waren die Fahnder davon ausgegangen, daß der oder die Täter aus dem rechtsextremen Milieu stammen.
Mannichl war am 13. Dezember vor seinem Wohnhaus niedergestochen worden, hatte aber schwerverletzt überlebt. Nach den Angaben des Polizeichefs habe es sich bei dem Täter um einen Rechtsextremisten gehandelt. Der etwa 1,90 Meter große, glatzköpfige Mann habe den Polizeichef als „linke Bullensau“ beschimpft und ihn mit den Worten „schöne Grüße vom nationalen Widerstand“ niedergestochen.
Festgenommenes Ehepaar wieder frei
Direkt nach der Tat war eine Diskussion über rechtsextreme Gewalt entbrannt, in deren Verlauf auch ein neuerliches NPD-Verbotsverfahren gefordert wurde. Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), sprach sich sogar für eine Abkehr vom Gleichheitsgrundsatz aus: „Bei Körperverletzung mit rechtsextremer Motivation darf es grundsätzlich keine Bewährungsstrafen mehr geben“, da diese Taten „besonders verwerflich“ seien, sagte der SPD-Politiker.
Ein festgenommenes Ehepaar aus der rechtsextremen Szene Münchens wurde mittlerweile wieder auf freien Fuß gesetzt. Ein Dringender Tatverdacht, der eine weitere Inhaftierung gerechtfertigt hätte, konnte nicht mehr aufrecht erhalten werden.
Überprüfungen hätten das Alibi des Ehepaares „nicht weiter entkräftet, sondern eher bestätigt“, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Passau und des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz.
Die Staatsanwaltschaft Passau ordnete deshalb am 23. Dezember ihre sofortige Freilassung an.
<---newpage---> Polizei fahndet nun auch im Punker- und Rockermilieu
Bereits am 15. Dezember waren zwei 26 und 27 Jahre alte Männer, die aus dem rechtsextremen Milieu stammen sollen und unter Tatverdacht festgenommen worden waren, wieder freigelassen worden, da sie ebenfalls über ein Alibi verfügten.
Die Polizei fahndet mittlerweile nach einer fünfköpfigen Gruppe die am Tag der Tat in der näheren Umgebung gesehen worden sein soll. Polizei und Staatsanwaltschaft wiesen darauf hin, „daß sich die gesuchten Personen sowohl im rechten Spektrum, aber auch im Punker- oder Rockermilieu, aber auch in der Gothic-Szene aufhalten“ könnten.
Unterdessen äußert das regionale Nachrichtenportal MVregio News Zweifel an den Schilderungen Mannichls und übt Kritik an den Ermittlungen der Polizei. „Von einem Polizeichef sollte man meinen, daß er als Profi in der Lage ist, den oder die Täter genauer zu beschreiben. Man muß sich auch fragen, warum er überhaupt die Tür geöffnet hat. Scheinbar war es kein Unbekannter, der vor der Tür stand“, zitiert das Portal einen namentlich nicht genannten „Berliner Kripoexperten“.
Vermutungen über einen Racheakt
Zudem soll man laut MVregio News bei der Passauer Kripo bereits zu einem frühen Zeitpunkt vermutet haben, „daß es sich bei dem Attentat um einen Racheakt entweder aus dem Umfeld von Mannichl handelt oder eine Tätergruppe aus dem Milieu“. Für die Politik habe aber von Anfang an festgestanden, daß es sich bei dem Täter um einen Rechtsextremisten handle.
Dadurch, sowie durch die Berichterstattung der Medien, sei die Polizei in ihren Ermittlungen behindert worden. Für den Rechtsstaat sei dies um so fataler, wenn sich nun herausstelle, „daß der oder die Täter gar nichts mit der Neonaziszene zu tun“ hätten.