MITTWEIDA. Das „Bündnis für Demokratie und Toleranz – Gegen Extremismus und Gewalt“ verleiht heute einen Ehrenpreis für Zivilcourage an die junge Frau, die behauptete, Ende vergangenen Jahres im sächsischen Mittweida Opfer eines rechtsextremistischen Überfalls geworden zu sein. Die Polizei zweifelt allerdings an den Angaben der Frau.
Die heute 18jährige hatte angegeben, von vier glatzköpfigen Neonazis mit Bomberjacken und NSDAP-Aufnähern mißhandelt worden zu sein, nachdem sie einem jungen Aussiedlermädchen zu Hilfe gekommen sei, das von den Rechtsextremisten herumgeschubst worden sei.
Dabei hätten ihr die vier Männer auch ein Hakenkreuz in die Hüfte geritzt. Der Fall sorgte deutschlandweit für Aufregung und heizte die Diskussion über Rechtsextremismus in Mitteldeutschland wieder an.
Polizei zweifelt am Tathergang
Mitte Dezember äußerten die Staatsanwaltschaft Chemnitz und die Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge allerdings Zweifel an der Version des Mädchens. Demnach könne nicht mehr ausgeschlossen werden, daß die Frau sich das Hakenkreuz selber eingeritzt habe.
Außerdem konnte die Polizei bislang trotz intensiver Ermittlungen weder Zeugen für den Vorfall noch das Aussiedlermädchen ausfindig machen. Deswegen werde nun überlegt, ob gegen die Frau wegen Vortäuschens einer Straftat ermittelt werden soll.
Dennoch hält das „Bündnis für Demokratie und Toleranz“, das 2000 von den Bundesministerien des Innern und der Justiz gegründet worden war, an der Preisverleihung fest. Das bestätigte Beiratsmitglied Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD) gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.
„Signal für die Zivilbevölkerung“
„Wir hatten bereits direkt nach dem Vorfall im November beschlossen, der jungen Frau den Preis zu verleihen, als noch davon ausgegangen wurde, daß sich der Vorfall so zugetragen hat. Nach unserer Kenntnis gibt es bislang auch keine unterschiedlichen Ergebnisse“, sagte Sonntag-Wolgast. Zudem habe man die Entscheidung für die Preisverleihung auch als „Signal für die Zivilbevölkerung“ getroffen und nicht allein auf die Person der Frau bezogen.
Warum man aber nicht die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsergebnisse abwarte, wollte Sonntag-Wolgast nicht sagen. Solange die Schuld nicht bewiesen sei, gelte immer noch die Unschuldsvermutung.
Zudem sei der Preis vorläufig undotiert und erst einmal symbolisch zu sehen. Die junge Frau solle aber einen Wunsch äußern dürfen, „wie man ihr etwas Gutes tun könne“, sagte Sonntag-Wolgast. Sollte es sich dabei aber um einen Geldwunsch oder etwas ähnliches handeln, werde man zuerst die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft abwarten. Sollte sich zudem wider Erwarten doch herausstellen, daß der Überfall nur vorgetäuscht war, müsse man damit offensiv umgehen und dies dann auch thematisieren.