LONDON. In Anbetracht der Regierungskrise in Großbritannien hat der Chef der konservativen Partei Reform UK Nigel Farage seine Anhänger dazu aufgerufen, sich auf vorgezogene Neuwahlen vorzubereiten. „Wir werden schon bald Zeugen des Auseinanderbrechens von Labour“, prophezeite der 61jährige Londoner auf dem Parteitag von Reform UK in Birmingham am Freitag.
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— Nigel Farage MP (@Nigel_Farage) September 5, 2025
Dasselbe Schicksal hätte die konservative Tory-Party bereits „verdientermaßen“ ereilt. Aus der Mitte dieser beiden Parteien, die das Vereinigte Königreich über 100 Jahre lang unter sich aufgeteilt hätten, sei nun eine neue Partei erwachsen, die das Wohl der Menschen über „veraltete internationale Abkommen“ und „dubiose Gerichtshöfe“ stelle.
Bootsmigranten am Ärmelkanal stoppen, Ausgaben kürzen, Steuern senken
„Wir sind die patriotische Partei, die für die ehrlichen, hart arbeitenden Menschen eintritt“, rief Farage der jubelnden Menge im National Exhibition Centre zu. Reform UK habe inzwischen mehr als 240.000 Mitglieder, stelle über 900 Land- und Stadträte, blicke auf über 400 Parteizellen im Land und führe in sämtlichen Umfragen (die JF berichtete).

Wenn er Premierminister werde, so Farage, würde die illegale Migration über den Ärmelkanal innert der ersten zwei Wochen seiner Amtszeit enden. Außerdem werde er die Steuern senken sowie die Sozialausgaben einkürzen, versprach der Reform UK-Chef.
Kommen Neuwahlen schon 2027 auf Großbritannien zu?
Farage warnte: „Ich denke, die Chancen sind sehr hoch, daß wir die nächsten Parlamentswahlen schon 2027 erleben werden – und wir werden dafür bereit sein müssen“, schärfte er den Parteimitgliedern ein und rief sie dazu auf, sich am Haustürwahlkampf und am Flyerverteilen zu beteiligen. „Wir müssen die Partei des Aktivismus sein“, forderte Farage.
Mit Nadine Dorries, die unter Premierminister Boris Johnson als Kultur- und Medienministerin amtierte, stieß erst in der Nacht zuvor eine prominente ehemalige Tory-Politikerin zu Reform UK hinzu. Umfragen sehen die Partei mit Zustimmungswerten um die 30 Prozent fast zehn Prozentpunkte vor der regierenden Labour Party. Beobachter sind sich einig: Wäre jetzt Wahl, heiße der nächste Premierminister wahrscheinlich Nigel Farage.
Downing Street 10 wankt nach Steuerskandal
Premierminister Keir Starmer (Labour) sah sich derweil wegen Vorwürfen der Steuerhinterziehung gegen eine Kabinettskollegin zu einer Regierungsumbildung gezwungen. Weil seine Stellvertreterin, die Wohnungsministerin und Labour-Vize Angela Rayner zu wenig Steuern auf ihre Wohnung im südenglischen Hove gezahlt hatte, mußte sie zurücktreten.

Ihren Posten als Wohnungsministerin wird nun der bisherige Umweltminister Steve Reed (Labour) übernehmen, der bisherige Außenminister David Lammy (Labour) hingegen wird Starmers neuer Stellvertreter. Neuer Außenminister wird die bisherige Innenministerin Yvette Cooper (Labour).
Farage: „Das ist eine Regierungskrise“
Laut BBC betrifft die Kabinettsumbildung etwa die Hälfte aller Minister. Zwar hatte Starmer ohnehin kleinere Postenwechsel unter seinen Kollegen geplant – die Ausmaße der jetzigen Maßnahme übertreffen diesen kleineren „Reshuffle“ aber bei weitem.
UK Reform-Chef Farage bezeichnete den Schritt von Downing Street 10 in seiner Rede beim Parteitag als „Regierungskrise“. „Jetzt schiebt er die Liegestühle an Deck des sinkenden Schiffes umher“, amüsierte sich der Politiker über das Gebare des Premiers. (fw)