Je näher die FPÖ an die Regierung und Herbert Kickl damit an den Kanzlersessel rückt, desto größer wird die Panik unter Österreichs Linken. Um eine blau-schwarze Koalition zu verhindern, griff das linkstendenziöse Blatt Der Standard in die alte Trickkiste. Mit einer geheimen Abhöraktion bei freiheitlichen Politikern sollten die Verhandlungen torpediert werden. Was schon auf Ibiza funktioniert hatte, sollte doch auch in Wien-Simmering möglich sein.
Die Hintergrundgeschichte, die rundherum offensichtlich konstruiert wurde, klingt absurd. Öffentlich-rechtliche Journalisten aus Frankreich, genauer von France Télévisions, sollen versucht haben, Interviews mit FPÖ-Politikern zu bekommen. Weil das nicht geklappt haben soll, entschieden sie sich dazu, ein Wirtshaus im 11. Wiener Gemeindebezirk zu besuchen, in dem die beiden freiheitlichen Abgeordneten Harald Stefan und Markus Tschank zum politischen Stammtisch luden.
Dort gaben sich die Franzosen aber nicht zu erkennen, sondern filmten stattdessen die Ausführungen der beiden Politiker heimlich mit. Was man halt so macht als linker Journalist. Mit dem Material stiefelten die Reporter aus Frankreich dann zum Standard, der daraufhin versuchte, der FPÖ aus den Aussagen ihrer Abgeordneten einen Strick zu drehen. Aber was haben Stefan und Tschank denn eigentlich gesagt? Träumten sie im Unterhemd davon, die Republik zu verkaufen? Wollten sie die Krone, Österreichs größte Boulevardzeitung, übernehmen? Saß in Simmering etwa eine russische Oligarchin? Nein. Die beiden FPÖ-Politiker führten aus, daß die Taliban „das letzte Gesindel“ nach Europa schicken würden.
Wer nicht spurt, muß nach Europa
Wahrscheinlich nicht das erste Mal fiel bei einem Stammtisch im Wiener Arbeiterbezirk der Satz: „A normaler Afghane is ja ned des, was bei uns da herumläuft. Das san ja ordentliche Leut.” Stefan führte weiter aus, wie das aus seiner Sicht am Hindukusch so läuft: „Wenn sich einer in der Stadt deppert verhält, dann wird er aufs Land geschickt. Da sind dann so regionale Stammeshäuptlinge. Und die haben das dann auch halbwegs im Griff, und wenn dann ana no immer ned spurt, dann wird er nach Europa geschickt. Das heißt, das ist wirklich so, ja, wir kriegen das letzte Gesindel.“
Tatsächlich sind Afghanen in der österreichischen Kriminalitätsstatistik überrepräsentiert. Will man also gegen den Freiheitlichen argumentieren, müßte man wohl den Standpunkt vertreten, der Hang zur Straffälligkeit sei ein generelles Problem der Afghanen – und nicht nur derer, die nach Europa kommen.
Und dann erdreisteten sich die Blauen beim Wirten auch noch, die Volkspartei anzugreifen. Jene ÖVP, die nach der Wahl erst versuchte, den Wählerwillen zu ignorieren und stattdessen eine Anti-Kickl-Koalition zu basteln, um ja nur an der Macht zu bleiben. „Die ÖVP ist natürlich in einem jämmerlichen Zustand. Sie ist machtgeil und möchte natürlich in ihren Positionen bleiben. Und deswegen können wir ruhig die Latte ein bisserl höher hängen, wir können durchaus zeigen, daß wir die stärkere Partei sind, daß wir unsere Inhalte durchsetzen”, sagte Tschank den französischen Journalisten ins heimlich gezückte Telefonmikro.
Blaues Selbstvertrauen
Na sowas aber auch, da ist sich die Freiheitliche Partei wohl glatt darüber bewußt, aufgrund des Wahlerfolges in einer besseren Verhandlungsposition zu sein als die ÖVP. Für den Standard ein Skandal. Für die meisten Österreicher war die Zusammenfassung des politischen Stammtischs in Simmering wohl eher eine Wahlempfehlung.