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Koalition auf der Kippe: Jetzt laufen Netanjahu die Regierungspartner weg

Koalition auf der Kippe: Jetzt laufen Netanjahu die Regierungspartner weg

Koalition auf der Kippe: Jetzt laufen Netanjahu die Regierungspartner weg

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und der Chef der Schass-Partei, Arje Deri
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und der Chef der Schass-Partei, Arje Deri
Chef der ultraorthodoxen Schass-Partei Deri und Premierminister Netanjahu: Finden Sie wieder zusammen? Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ronen Zvulun
Koalition auf der Kippe
 

Jetzt laufen Netanjahu die Regierungspartner weg

Israels Regierung steht vor dem Kollaps: Gleich drei Parteien verabschieden sich aus dem Kabinett. Hintergrund ist der Streit um die Wehrpflicht für Ultraorthodoxe. Doch noch sind Neuwahlen nicht ausgemacht.
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JERUSALEM. Alle drei ultraorthodoxen Parteien haben die Regierung von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu verlassen. Am Mittwoch kündigte auch die orientalisch-orthodoxe Schass-Partei von Langzeit-Politiker Arje Deri ihren Rückzug an, nachdem zuvor bereits die europäisch-orthodoxen Parteien Degel HaTora und Agudat Israel dem Kabinett den Rücken gekehrt hatten.

Dadurch gerät Netanjahus Regierung nun in schwere Bedrängnis. Ohne die Unterstützung der Gottesfürchtigen (Charedim) verliert er seine Mehrheit in der Knesset, dem israelischen Parlament. Allerdings zieht Schass anders als an die anderen Parteien nur seine Minister aus dem Kabinett zurück, bleibt aber zunächst Teil der Koalition.

Neuwahlen sind nicht ausgemacht

Der Rückzug der Orthodoxen bedeutet daher auch nicht, daß es automatisch zu Neuwahlen kommt. Der sogenannte „Rat der Weisen der Tora“, das religiöse Führungsorgan der Schass-Partei, betonte am Mittwoch in seiner Erklärung ausdrücklich die Hoffnung, „die Regierung und die koalitionäre Partnerschaft fortzusetzen“. Die Ultraorthodoxen dürften ihren Rückzug als Druckmittel nutzen, um weitere politische Zugeständnisse Netanjahus zu erwirken.

Hintergrund der innenpolitischen Krise ist der anhaltende Streit um die Rekrutierung ultraorthodoxer Männer für die Armee. Aufgrund einer Vereinbarung von Israels Gründerpremier David Ben-Gurion mit den religiösen jüdischen Führern waren die Charedim bisher faktisch von der Wehrpflicht ausgenommen, um dem Studium der Schriften nachgehen zu können, das sogenannte „Torato Omanuto“-Prinzip („Ihre Tora ist ihre Kunst“).

Diese Regelung führte immer wieder zu heftigen Debatten, die durch den Mehrfrontenkrieg seit dem Hamas-Überfall am 7. Oktober noch einmal verstärkt wurden. Große Teile der israelischen Bevölkerung, auch der rechts geprägten Teile, fordern, daß sich die Ultraorthodoxen an den militärischen Anstrengungen beteiligen müssen. Diese fühlen sich dadurch aber in ihrer Lebensweise bedroht und sehen in den Forderungen sogar einen Anschlag auf Tora- und Talmud-Studium als Kern jüdischer Identität.

In den Umfragen liegt Netanjahus Partei vorne

Allerdings macht auch das oberste israelische Gericht Druck, die Ultraorthodoxen in den Armeedienst einzubeziehen. Die israelische Armee will daher tausende Rekrutierungsanordnungen an ultraorthodoxe Männer verschicken. Befürworter der Rekrutierungen auch in der Koalition wollen dies etwa auch mit Sanktionen gegen Verweigerer und ultraorthodoxe Institutionen durchsetzen.

Dagegen forderten die ultraorthodoxen Parteien, ein Gesetz zu verabschieden, das ihre Privilegien wahrt. Bisher konnten diese Differenzen nicht überbrückt werden. Die nächsten regulären Parlamentswahlen finden in Israel im Herbst 2026 statt. Im jüdischen Staat ist es üblich, daß Regierungskoalitionen nicht eine volle Legislaturperiode von vier Jahren durchhalten.

Laut einer Umfrage, die der israelische Kanal 12 am Mittwoch veröffentlichte, würde Netanjahus Likud-Partei erneut als erste ins Ziel einlaufen, wenn jetzt Wahlen stattfänden. Sie käme demnach auf 27 Sitze. Auf den Likud würde eine neue Liste des früheren Premierministers Naftali Bennett folgen mit 23 Sitzen. (ser)

Chef der ultraorthodoxen Schass-Partei Deri und Premierminister Netanjahu: Finden Sie wieder zusammen? Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ronen Zvulun
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