BRÜSSEL. Die Grünen haben angekündigt, ein vom EU-Parlament derzeit diskutiertes Transparenzgesetz abzulehnen. Das Gesetz würde Mitgliedstaaten zur Einführung nationaler „Register für ausländische Einflußnahme“ verpflichten. Der Entwurf, der am Mittwoch im Ausschuß für Binnenmarkt und Verbraucherschutz diskutiert wird, ziele darauf ab, Gelder aus Drittstaaten an Lobbyisten, Denkfabriken und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) nachverfolgbar zu machen. Auch die Linke lehnt den Vorschlag vehement ab und fordert mit den Grünen die vollständige Streichung des Vorhabens. Zuerst berichtete das Nachrichtenportal Euractiv.
Hintergrund des Vorstoßes ist der sogenannte „Qatargate“ – ein Korruptionsskandal aus dem Jahr 2022, bei dem mehrere EU-Parlamentarier mutmaßlich von Katar, Marokko und Mauretanien bestochen worden waren. Betroffen waren insbesondere sozialdemokratische Abgeordnete. Den Vorsitz des zuständigen Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz führt die rumänische EVP-Abgeordnete und frühere EU-Kommissarin Adina Vălean. Ihre Fraktion befürwortet den Vorschlag und will ihn mit Unterstützung liberaler und rechter Abgeordneter durchsetzen.
Die Sozialdemokraten signalisierten Zustimmung unter der Bedingung, den Anwendungsbereich des Gesetzes auch auf inländische Lobbytätigkeit auszuweiten – ein Anliegen, das die EVP zurückwies. Die Verordnung richte sich ausschließlich gegen Einflußnahme durch Drittstaaten, hieß es aus Fraktionskreisen.
NGOs verhinderten Gesetz bereits
Kritik an dem Gesetzesentwurf kommt neben linken und grünen Fraktionen von Organisationen wie Transparency International und UN-Sonderberichterstattern. Sie befürchten, das Gesetz könne als Vorbild für sogenannte Agentengesetze dienen, wie sie in Staaten wie Rußland, Ungarn und Georgien angewendet würden. Bereits im Vorjahr war das Vorhaben nach immensen Protesten von NGOs verschoben worden.
Die Chefin der Grünen im EU-Parlament, Terry Reintke, sprach von einem „Angriff auf die Zivilgesellschaft“ und kritisierte die EVP: „Was Orbán und Trump vormachen, wird nun im EU-Parlament kopiert: NGOs einschüchtern, um Kritik zu schwächen. Wir stellen uns dagegen.“
Die EVP hat heute gemeinsam mit der extremen Rechten einen Angriff auf die Zivilgesellschaft institutionalisiert.
Was Orban und Trump vormachen, wird nun im EU-Parlament kopiert: NGOs einschüchtern, um Kritik zu schwächen.
Wir stellen uns dagegen.
— Terry Reintke (@terryreintke.bsky.social) 19. Juni 2025 um 12:27
Abstimmung vertagt wegen EU-internen Spannungen
Grüne und linke EU-Abgeordnete werfen der EVP vor, den Vorschlag „mit Hilfe der extremen Rechten“ voranzutreiben. Der Vorstoß beschädige die pro-europäische Parlamentsmehrheit, sagte der maltesische Vizepräsident der europäischen Sozialdemokraten, Alex Agius Saliba Euractiv. Aus Sicht des italienischen liberalen Abgeordneten Sandro Gozi sei das Ziel des Gesetzes nicht, NGOs anzugreifen oder zu stigmatisieren, sondern Transparenz über Lobbytätigkeit im Auftrag ausländischer Staaten herzustellen.
Wegen interner Spannungen im Ausschuß und der vorübergehenden Abwesenheit eines Verhandlungsführers hat die Vorsitzende Vălean die Abstimmung über den Entwurf auf September vertagt. (rsz)