BRÜSSEL. Eine EU-Expertenkommission empfiehlt im Kampf gegen Falschnachrichten die staatliche Förderung sogenannter Qualitätsmedien. Mit Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer oder anderen Steuervorteilen für Medien solle Qualitätsjournalismus gefördert und die Medienvielfalt in Europa erhalten werden, schlägt die 39köpfige Beratergruppe laut der Nachrichtenagentur dpa vor.
Zudem werben die Experten dafür, internationale Projekte und Datenjournalismus finanziell zu unterstützen. Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sollten mit Medien zusammenarbeiten, die Inhalte glaubwürdiger Quelle verbreiten, und deren Einträge besser sichtbar zu machen. Die Maßnahmen sollten Teil einer Art Selbstverpflichtung der Unternehmen sein. Darin sollten diese auch zusagen, ihre Werbepraktiken und die Verarbeitung von Nutzerdaten transparenter zu machen.
Die im Januar eingesetzte „High Level Expert Group“ übergab ihre Ergebnisse EU-Digitalkommissarin Marija Gabriel in Brüssel. Gabriel will am 25. April bekannt geben, welche Schlüsse die Kommission aus den Ergebnissen ziehe.
Zensur soll vermieden werden
Von schwarzen Listen oder vereinfachenden Lösungen sei jedoch abzuraten, um jede Art von Zensur zu vermeiden, sagte die Vorsitzende des Expertengremiums, Madeleine de Cock Buning. „Es geht hier nicht darum, ein Wahrheitsministerium zu erfinden“, erläuterte Gabriel.
Einziges deutsches Mitglied der Gruppe war ARD-„aktuell“-Chefredakteur Kai Gniffke. Er habe sich „manche Formulierung in dem Report gegenüber den Plattformbetreibern klarer gewünscht“, verdeutlichte er. Unterm Strich sei er aber „sehr zufrieden“ mit dem Ergebnis, denn „alle Beteiligen haben deutlich gemacht, daß Desinformation ein nicht zu unterschützendes Problem ist“.
Laut einer neuen Umfrage im Eurobarometer sieht eine Mehrzahl der EU-Bürger in Falschnachrichten eine Gefahr für die Demokratie. 83 Prozent der rund 26.000 Befragten teilten diese Ansicht. Traditionelle Quellen wie Radio (70 Prozent), Fernsehen (66 Prozent) oder Print-Medien (63 Prozent) gelten ihnen als besonders glaubwürdig. Reine Onlinequellen genießen mit 26 bis 27 Prozent geringeres Vertrauen. (ls)