JERUSALEM. Sieben Wochen nach der Parlamentswahl ist die Regierungsbildung in Israel abgeschlossen. Der neuen Regierung unter Premierminister Benjamin Netanyahu gehören fünf Parteien an. Die frühere Außenministerin Tzipi Livni ist als neue Justizministerin von Netanyahu mit den Friedensverhandlungen mit der palästinensischen Autonomiebehörde betraut worden. Der Regierung gehört erstmals seit 1959 keine ultraorthodoxe Partei an. Yair Lapid, dessen Yesh Atid-Partei bei der Wahl überraschend den zweiten Platz errang, wird neuer Finanzminister.
Naftali Bennet, der Vorsitzende der nationalreligiösen Partei Habajit Hajehudi, wird Industrie-und Handelsminister. Das Außenministerium wird Netanyahu nur interimsweise besetzen, um dem früheren Außenminister Avigdor Lieberman nach einem möglichen Freispruch in dessen Verfahren wegen „Bruch öffentlichen Vertrauens“ die Möglichkeit zu geben, in sein Amt zurückzukehren. Liebermans Yisrael-Beiteinu Partei war bei den Wahlen auf einer gemeinsamen Liste mit Netanyahus Likud angetreten.
Wehrdienst wird verkürzt
Der Koalitionsvertrag sieht nach Berichten israelischer Medien weitreichende Reformen der israelischen Gesellschaft und des politischen Systems vor. So sollen künftig alle israelischen Bürger ab 18 Jahren einen mindestens zweijährigen Wehr- oder Zivildienst leisten müssen. Der Wehrdienst für Männer wird somit um ein Jahr verkürzt. Eingezogen würden fortan auch ultraorthodoxe Thora-Studenten, die bisher vom Militärdienst weitestgehend befreit waren. Diese bekommen allerdings bis zu ihrem 21. Geburtstag Zeit, ihren Dienst in der Armee anzutreten.
Während der Koalitionsverhandlungen hatten Bennet und Lapid eine gerechtere Lastenverteilung beim Militärdienst zur Bedingung für einen Eintritt in die Regierung gemacht. Der Koalitionsvertrag sieht außerdem vor, mehr arabische Israelis als bisher für die Armee anzuwerben. Arabische Israelis sind vom Militärdienst befreit, können sich aber freiwillig melden.
Weniger Minister
Außerdem einigten sich die Koalitionspartner, bei Wahlen zur Knesset die Sperrklausel von derzeit zwei auf vier Prozent anheben zu wollen. Der neuen Regierung werden nur noch 21 Minister angehören. Der Koalitionsvertrag sieht zudem eine Begrenzung der Ministerzahl auf 18 für zukünftige Regierungen vor. Die scheidende Regierung bestand aus 32 Ministern.
Ultraorthodoxe Zeitungen laufen unterdessen Sturm gegen die neue Regierung. Bennet und vor allem Lapid hatten ihren Eintritt in die Regierung davon abhängig gemacht, daß der neuen Regierung keine ultraorthodoxen Parteien angehören. Die ultraorthodoxe Zeitung Hamevaser bezeichnete daraufhin das Bündnis der beiden Politiker als „Habrit Hachadascha“, der hebräische Name für das Neue Testament, das im hebräischen auch mit „der neue Bund“ übersetzt werden kann. Mit dem Vergleich soll die neue Regierung als unjüdisch dargestellt werden. Hamevaser nannte die neue Koalition zudem „Die Regierung des Bösen“. (tb)