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Jung wird zur offenen Flanke der Union

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Mit dem Namen Franz Josef Jung ist schon lange eine Schwachstelle des CDU-Teils der Regierung bezeichnet. „Minister Hasenfuß“ (Financial Times Deutschland) zeigt sich seit Jahren beratungsresistent. Er vertraut nur seinem noch aus SPD-Zeiten übernommenen Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, der den Minister wie einen Esel aufs Glatteis zu führen pflegt. Seit Jahren behauptet Jung, in Afghanistan gebe es keinen Krieg, sondern die Bundeswehr führe dort einen bewaffneten Stabilisierungseinsatz.

Bei dieser falschen Definition darf es natürlich nur vereinzelt und versehentlich erschossene Einheimische geben. Kollateralschäden sind dagegen ausgeschlossen. Doch jetzt ist der Kollateralschaden da. Und Jung wird, keine drei Wochen vor der Bundestagswahl, zur offenen Flanke der Union. Noch ist unklar, ob sich der von einem Bundeswehr-Oberst angeforderte amerikanische Bombenangriff auf zwei angeblich von den Taliban entführte Tanklastwagen, die im Fluß Kundus steckengeblieben waren, ins kollektive Wählergedächtnis einbrennen wird – so wie die Pazifismus-Rede des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder 2002 im Kino von Goslar. Die Rede brachte die entscheidende Wende gegen den Unions-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber.

Aber kommt jetzt die Wende gegen Kanzlerin Angela Merkel, die am vergangenen Dienstag im Bundestag in einer eiligst gezimmerten Regierungserklärung den Afghanistan-Einsatz verteidigte und internationale Konferenzen ankündigte, auf denen zivile Entwicklungs- und militärische Abzugspläne miteinander koordiniert werden sollen? Es gibt im Moment nur eine Kraft, die von dem Vorfall im Fluß Kundus direkt profitieren kann: die Linkspartei, die strikt gegen den Einsatz war und ist. Gelänge es ihr, zusätzliche Wähler zu motivieren, könnte das schwarz-gelbe Projekt am 27. September verwelken wie eine Blume im Herbst.

Aber auch die anderen Parteien des linken Spektrums beginnen mit Absetzbewegungen gegen den Afghanistan-Einsatz, den sie zunächst mitgetragen hatten. Hans-Christian Ströbele (Grüne) forderte den Rückzug der Bundeswehr: „Das muß eine Frage von Monaten sein.“ Es müsse eine verantwortliche Beendigung dieses Krieges geben. Auch die Grünen-Führung ging auf Distanz: Jung sei zum „Sicherheitsrisiko für unsere Soldaten“ geworden, sagte Parteichef Cem Özdemir.

Die SPD, mit der Union noch
einige Wochen wie in einer Zwangsehe in der Großen Koalition verbunden, schoß sich auf den Verteidigungsminister ein: „Der Mann ist überfordert“, sagte der SPD-Außenpolitiker Niels Annen über Jung. „Deutschland hatte schon stärkere Verteidigungsminister als Herrn Jung“, stänkerte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Zu weit ging den meisten SPD-Genossen ihr früherer Kanzler Schröder, der einen konkreten Abzug für 2015 forderte. Immerhin war es Schröder gewesen, der die Bundeswehr nach Afghanistan geschickt hatte.

Jung hat die Realitäten in Afghanistan nie zur Kenntnis nehmen wollen. Er verwendet zwar jetzt den Begriff „Gefallene“, aber beim jüngsten Zwischenfall schloß er sehr voreilig aus, daß es bei dem Luftangriff der Amerikaner tote Zivilisten gegeben haben könnte. Offenbar gehen Jung und sein Generalinspekteur von der irrigen Annahme aus, daß Menschen mit einer Kalaschnikow in Afghanistan automatisch Taliban sind. Dabei gehört dort ein Gewehr zur Grundausstattung eines Mannes. Das Lagebild vor, während und nach dem Angriff war bestenfalls unklar. Der Luftangriff, das zeigt ein Blick auf das vom Verteidigungsministerium veröffentlichte „Protokoll“ des Zwischenfalls, hätte genausogut bei Tagesanbruch ausgeführt werden können statt mitten in der Nacht, da der angebliche Angriff auf die Bundeswehr mit den Tanklastern als Bomben noch mehrere Stunden gedauert hätte. Oder ist die Bundeswehr wirklich eine „Armee der Feiglinge“ (FTD), die kurz vor ihrem Lager keine zwei Lastwagen abschießen kann? Wenn der Bombenangriff die in den Parteizentralen von Union und FDP bereits befürchteten Konsequenzen hat, verliert Schwarz-Gelb die Bundestagswahl.

Egal wie es ausgeht, für Jung ist alles klar: Sein Starrsinn bezüglich der Opferzahlen war sein letzter Fehler. Selbst wenn sich Merkel in eine Große Koalition retten sollte, wird der Hesse kein Minister mehr.

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