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Entspannung zwischen Damaskus und Washington

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Nach jahrelangen Spannungen hat vorige Woche eine hochrangige US-Delegation in Damaskus Gespräche mit Syriens Außenminister Walid al-Moallem geführt. Sein Besuch sei „sehr konstruktiv“ verlaufen, erklärte Staatssekretär Jeffrey Feltman. Er erwarte nun zügig weitere Fortschritte. Daß Veränderungen anstanden, hatte schon im Februar eine Kurzvisite John Kerrys, des Chefs des auswärtigen Senatsausschusses, bei Präsident Baschar Hafiz al-Assad signalisiert.

Der US-Vorstoß reiht sich ein in eine Neubewertung der bisherigen politisch-militärischen Strategien, wie sie das Weiße Haus und das Pentagon gerade vornehmen. Die Stabilisierung des Irak, der Atomstreit mit dem Iran, der Stillstand im Nahost-Konflikt: Die Experten scheinen Barack Obama davon überzeugt zu haben, daß Syrien ein Schlüssel zur Lösung dieser Probleme sein kann. Die US-Regierung erhoffe sich von einem „Neubeginn mit Syrien Fortschritte auch bei den anderen politischen Themen der Region“, so Feltman.

Beobachter erwarten, daß die Regierung Obama bald volle diplomatische Beziehungen mit Damaskus wiederaufnehmen wird. Bush hatte den Botschafter 2005 abgezogen und Assad als Drahtzieher des Attentats auf Libanons Premier Rafik Hariri und als „Unterstützer des internationalen Terrorismus“ angegriffen (JF 11/05).

Kritiker vertraten schon damals die Meinung, ohne Syrien könne es keine Stabilität im Irak, kein friedliches Nebeneinander von Israelis und Palästinensern und keine Isolierung des Iran geben. Obamas Nahostbeauftragter George Mitchell und Vizepräsident Joe Biden sind seit langem dieser Ansicht. Während die Bush-Regierung nach Assads Weigerung, 2003 den Irak-Krieg zu unterstützen, darauf abzielte, einen „Regimewechsel“ vom Zaun zu brechen, hat sich nun die Sicht durchgesetzt, ein säkulares Regime in Syrien sei besser als ein ethnisch-religiöses Gewaltszenario wie im Irak oder als ein politisches Vakuum, in dem islamistische Dschihadisten eine Operationsbasis finden können.

„Seit Jahren“, sagt US-Experte Jo­shua Landis, „wollen die Syrer ein neues Blatt in den Beziehungen zu den USA aufschlagen. Denn auch sie brauchen Amerika als Partner.“ Tatsächlich hat Damaskus längst Signale gesandt, um aus der Isolation auszubrechen. Die Normalisierung der Beziehungen zum Libanon mit dem Austausch von Botschaftern ist ein Zugeständnis an westliche Forderungen. Auch die Einbindung Syriens in westliche Gesprächsrunden wie auf dem EU-Gipfel im Juli 2008 in Paris zeigt, daß die härteste Zeit der Isolation für Syrien zu Ende geht.

Die Syrer wollen, daß die von Bush verhängten wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen aufgehoben werden. Bei der Endrunde der seit einem Jahr von Ankara vermittelten Friedensverhandlungen zwischen Israel und Syrien soll die US-Regierung mit am Tisch sitzen. Damaskus ist am Abschluß eines Friedens mit Israel interessiert: Die Isolation würde damit beendet, seine wirtschaftlichen Aussichten würden sich verbessern. Assads Popularität im eigenen Land würde wachsen, wenn es ihm gelänge, die israelisch besetzten Golanhöhen zurückzugewinnen, die sein Vater 1967 verlor. „Ein von den USA vermittelter Frieden zwischen Israel und Syrien würde Syrien als Feind ausschalten und so den Bruch der Allianz zwischen Iran und Syrien bewirken“, glaubt Foreign Affairs, das Leitforum der US-Außenpolitik. „Aber das kann nur gelingen, wenn die Obama-Regierung sich aktiv einbringt, denn Syrien wird seine strategische Partnerschaft mit Iran nicht aufgeben, wenn es nicht gleichzeitig die Chance normaler Beziehungen mit den USA sieht.“

Im Mittelpunkt steht für Washington natürlich Syriens Rolle als bislang wichtigster Verbündeter des Iran. Sollten sich die Verbindungen zwischen Damaskus und Teheran lockern, so die US-Spekulation, würde sich das Gleichgewicht in Nahost zugunsten der proamerikanischen arabischen Staaten, vor allem Saudi-Arabiens, verschieben.

Allein schon wegen dieses Kalküls dürfte Obama zu weitreichenden Zugeständnissen an Damaskus bereit sein. Die USA, Israel, die EU und auch Berlin sollten sich allerdings vor dem Fehler hüten, eine Aufkündigung des engen syrisch-iranischen Verhältnisses zur Vorbedingung eines Ausgleichs zwischen Israel und Syrien zu erklären. „Denn“, so Experten der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), „die Logik nahöstlicher Dynamik funktioniert umgekehrt.“ Wenn Syrien Frieden mit Israel schließe, werde das nicht nur insgesamt zur Beruhigung der Region beitragen, sondern auch eine dauerhafte Befriedung der israelisch-libanesischen Front erlauben. Die Interessen Syriens und Irans im Nahen Osten würden sich dann weniger stark überlappen als heute, und das reine Zweckbündnis zwischen Damaskus und Teheran wäre mehr oder weniger automatisch einer Erosion der Gemeinsamkeiten ausgesetzt. Syrien werde dann auch die libanesische Hisbollah und die palästinensische Hamas nicht mehr brauchen, um indirekt Krieg gegen Israel zu führen, und schließlich diesen regionalen Stellvertretern des Iran seine Unterstützung entziehen.

Foto: Präsident Assad in Paris 2008: Ein neues Blatt auch in den Beziehungen zu den USA aufschlagen

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