Eine Gruppe junger Bundestagsabgeordneter aus mehreren Fraktionen hat sich vorgenommen, das Prinzip der „Generationengerechtigkeit“ als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Neben den Bündnisgrünen Anna Lührmann und Alexander Bonde gehört unter anderem auch der Unionsabgeordnete Marco Wanderwitz der Gruppe an, die ihren Antrag in der Sommerpause „auf den Weg“ bringen will. Die Idee indes ist nicht neu. Bereits im Jahr 2003 wurde ein ähnlicher Vorstoß diskutiert. Seither ist das Thema in sporadischen Abständen mehrfach aufgetaucht. Als treibende Kraft steckt dahinter eine nicht ganz so parteiübergreifende „Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen“ in Oberursel. Wer der eigentliche Stifter ist und wie sie sich finanziert, hält die Stiftung geheim. Nur soviel ist bekannt: Zu ihren Kuratoren gehören die beiden genannten Parlamentarier von Bündnis 90/Die Grünen. Zur Begründung ihres Vorstoßes argumentieren die Jungdemokraten mit einem strukturellen Defizit der Demokratie, das ausgeglichen werden müsse. In Wahlkämpfen bestehe für Politiker der Anreiz, sich an den Interessen der gegenwärtigen Wählerschaft zu orientieren und nachrückende Generationen etwa durch exzessive Staatsverschuldung und Raubbau an natürlichen Ressourcen über Gebühr zu belasten. Der Gedanke findet sich bereit in früheren Zeiten. Schon der Philosoph Arthur Schopenhauer war der Ansicht, das Volk sei der Souverän, aber unmündig. Es bedürfe deshalb eines Vormunds. Das sei der konstitutionelle Monarch. Die aufstrebenden Nachweltschützer wollen natürliche keine Monarchie errichten. Der Vormundschaftsgedanke aber ist derselbe. Sie untersuchten zwei Alternativen, den Nachweltschutz zu organisieren, eine materiell-rechtliche und eine institutionelle. Im letzten Fall würde ein Beauftragter oder eine Kommission über die Interessen der Nachwelt wachen, im anderen wäre der Richterschaft, insbesondere dem Verfassungsgericht, diese Aufgabe übertragen. Angesichts der bereits zahlreich in Deutschland vorhandenen Sachverständigen, Beiräte und Kommissionen geben die Nachwuchspolitiker der materiell-rechtlichen Lösung den Vorzug. Inhaltlich sehen die jungen Bundestagsabgeordneten die Schwerpunkte des Nachweltschutzes in der Haushaltspolitik, der Energiepolitik, der Bildungspolitik und im Umweltschutz. Einwanderungspolitik ist in ihren Verlautbarungen nur unter dem Aspekt des demographischen Ausgleiches genannt, Integrationspolitik gar nicht. In der Energiepolitik läuft die Argumentation auf eine Unterstützung bündnisgrüner Politikinhalte wie des „Anti-Atom-Affekts“ hinaus. In der Haushalts- und der Bildungspolitik werden die auch sonst gemeinen Zielvorstellungen wiedergegeben. Daß der Umweltschutz bereits als Staatsziel genannt ist und haushaltspolitische Vorgaben bestehen, genügt den Jungdemokraten nicht. Sie verlangen eine abstrakt-generelle Zielbestimmung im Grundgesetz, weil sich die Frage der Generationengerechtigkeit auf nahezu allen Politikfeldern stelle. Das Kölner Büro gegen Altersdiskriminierung e.V. – als eine Art Gegenpol zu den Jungpolitikern – steht der Initiative eher reserviert gegenüber. Seine Vertreterin Hanne Schweitzer hält „Generationengerechtigkeit“ für ein inflationär gebrauchtes Modewort und argwöhnt, daß es gegen andere Aspekte der Gerechtigkeit ausgespielt werde. Außerdem befürchtet sie von der Initiative eine forcierte Frontstellung zwischen den gleichzeitig lebenden Generationen. In der Tat drängt sich die Frage auf, ob langfristige Aspekte der Politik gerade bei den Abgeordneten gut aufgehoben sind, die ihre Stellung in der Politik erst noch suchen und auf Protektion und Allianzen aller Art angewiesen sind. Handelt es sich um mehr als den Versuch, ein positiv belegtes Schlagwort zu vereinnahmen? Angesichts der Koalitions-Doktrin, sich nicht in fruchtlose Grundsatzdiskussionen einzulassen, sondern die naheliegenden und gangbaren Schritte zu gehen, erscheint die Realisierungschance des grünlich anmutenden Vorstoßes eher gering. Eine vorausschauende Politik wäre gleichwohl in jeder Hinsicht wünschenswert.