Vor zwei Jahren gab es richtig Krawall. Die Bundeswehr, seit 2002 auf der Leipziger Buchmesse vertreten, stellte anläßlich des Messeschwerpunktes Bildung das Lernspiel „Pol&iS“ („Politik und internationale Sicherheit“) vor. Darin geht es um die Entstehung und Lösung zwischenstaatlicher Konflikte. Einigen Ausstellern und Besuchern paßte das nicht. Sie äußerten lautstark Protest gegen die bloße Präsenz der Bundeswehr – so lautstark, daß es den Ablauf der Messe störte. Einige der Protestierer mußten von der Polizei festgesetzt werden. Besonders hervorgetan hat sich der Geschäftsführer des Verlages „8. Mai“ Dietmar Koschmieder. Dieser Verlag vertreibt die Tageszeitung Junge Welt, einst Jugendzeitung der ganz und gar nicht „antimilitaristischen“ DDR. Sie war auch damals nicht gerade ein Leuchtturm von Toleranz und Meinungsfreiheit gewesen, sondern der Indoktrination der Jugend verpflichtet. Das ist sie auch heute. Um von der eigenen totalitären Haltung abzulenken, trägt sie den „Antimilitarismus“ vor sich her. An ihrer Seite steht das Neue Deutschland, einstige Parteizeitung der SED, das sich jetzt als sozialistische Tageszeitung versteht. Es beteiligte sich ebenfalls an den Protesten gegen die Anwesenheit der Bundeswehr und begleitete sie publizistisch-propagandistisch. Beide Presseorgane stehen der sich wiederholt umbenennenden einstigen Staatspartei SED, derzeit Linkspartei, besonders nahe. Diese Trias und ihre Anhängerschaft scheinen das ehemalige „Staatsgebiet“ allgemein und die Leipziger Buchmesse im besonderen als ihr Revier anzusehen, in dem sie das Auftreten von Institutionen des Bundes wo möglich unterbinden wollen. Nicht ohne Erfolg. Im vergangenen Jahr erklärte ein Vertreter des Verteidigungsministeriums, man werde „aufgrund der Vorfälle des letzten Jahres und einer entsprechenden Störankündigung für dieses Jahr“ nicht nach Leipzig kommen. In diesem Jahr wird sie an der Messe ebenfalls nicht teilnehmen. Die Sprecherin der Buchmesse, Susanne Heusler, bedauerte , daß die Bundeswehr sich nicht als Aussteller angemeldet habe, verweist aber auf die sonst erfreuliche Entwicklung der Aussteller- und Besucherzahlen in den vergangenen Jahren. Auch der Sprecher der Bundeswehr, Oberstleutnant Reinecke, gab sich äußerst zurückhaltend und stellte keinen direkten Zusammenhang zwischen den „Störfällen“ und der Nichtteilnahme her. Anscheinend wiegen für die Bundeswehr drohende Negativ-Schlagzeilen schwerer als ihr Interesse und das Gebot, auch in der Öffentlichkeit „Flagge zu zeigen“. Und diejenigen, die seit dem Mauerfall ihren neuen aggressiven Pazifismus mit der alten Aversion gegen den deutschen Staat verbinden, verfügen in Mitteldeutschland noch über einen erstaunlichen gesellschaftlichen Einfluß. Foto: Leipziger Protestflugblatt (2003): Aggressiver Pazifismus