Der ehemalige Bundesbauminister und SPD-Politiker Dieter Haack hat den Versuch der Jusos scharf verurteilt, Burschenschaftern die Mitgliedschaft in der SPD zu verbieten. Haack, selbst ehemals Korporationsstudent, bezeichnet den Vorstoß in einem Interview mit der am Freitag in Berlin erscheinenden Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT als “Gesinnungsschnüffelei". Die von den Jusos geübte Kritik werde “der Realität nicht gerecht, sondern (ist) eine extrem verkürzte, polarisierende und politisch orthodoxe Sicht der Dinge … das typische Merkmal für ideologisches Denken", so Haack. Im Vergleich erscheine ihm die “Diskussionskultur bei den Verbindungen sehr viel differenzierter zu sein, als bei den Jusos". Außerdem weist er darauf hin, daß es bei den Jusos auch “linksextreme Bestrebungen gab und gibt".
Haack erinnerte daran, daß die SPD “nicht die Partei der Gesinnungsherrschaft, sondern der Herrschaft des Rechts ist" und bescheinigt den Jusos, sich außerhalb des Wertekanons der SPD zu stellen. Vor allem kritisiert er die von Juso-Chef Björn Böhning jüngst in Presseinterviews angekündigte Bekämpfung der “nationalen Traditionen in der SPD nicht erst seit Kurt Schumacher". Haack bezeichnet den Versuch, “nationalgesinnte Führungspersonen der SPD wie Brandt, Schumacher, Schmidt … damit in die Ecke der ŒDeutschtümelei¹ zu stellen" als “ein Unding". Seit der Wiedervereinigung sehe er vielmehr “eine eindeutige Rückkehr zu einem positiven Verständnis von Patriotismus in der SPD". Es sei bedauerlich, daß sich “ausgerechnet eine Jugendorganisation in dieser Hinsicht als reaktionäre Nachhut gebärdet", so Haack.
Dr. Dieter Haack: Seit 1961 SPD-Mitglied, 1969 bis 1990 Bundestagsabgeordneter, 1978 bis 1982 Bundesbauminister, seit 1953 Mitglied der Burschenschaft der Bubenreuther zu Erlangen.
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