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Ein Fels in der Brandung

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Ein Fels in der Brandung

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An diesem Donnerstag wird ein Mann 70 Jahre, dessen Namen in den Jahrzehnten vor der Wiedervereinigung zum Synonym für den Willen wurde, die Teilung Deutschlands zu überwinden und alles zu tun, um diesen perversen Zustand zu beenden: Detlef Kühn, über Jahrzehnte Präsident des Gesamtdeutschen Instituts, vor allem aber ein Fels in der Brandung des antinationalen Zeitgeistes, der sich seit den sechziger Jahren in der alten Bundesrepublik breit machte. Der hielt es für „in“, daß 17 Millionen Deutschen in der DDR die Bürger- und Menschenrechte und dem deutschen Volk als Ganzes das Recht auf Selbstbestimmung verweigert wurde. Er höhnte über „die Ewiggestrigen“, die an der Einheit festhielten, diffamierte das Bekenntnis zur Wiedervereinigung als „die Lebenslüge des deutschen Volkes“ und war nicht nur bereit, sich mit Rechtsbruch und Gewalt abzufinden: Nein, er ging weiter und bejahte die Teilung als „gerechte“ Konsequenz deutscher Schuld. Keiner von denen, die an dieser Schande teilhatten, bekennt sich heute noch dazu. Heute haben alle die Einheit „immer gewollt“; zumindest „irgendwie“. Detlef Kühn kennt sie alle beim Namen, die Lebenden wie die inzwischen Verstorbenen, die ihn ihre Antipathie und ihren Groll darüber spüren ließen, daß er sich konsequent am Auftrag des Grundgesetzes orientierte und sie damit in die Verlegenheit brachte, sich entweder offen gegen den Auftrag des Grundgesetzes aussprechen oder hinnehmen zu müssen, daß er seinen Auftrag an der Spitze des Gesamtdeutschen Instituts so ausführte, wie er es tat: So wurde es in Bonn einsam um ihn. Die Zahl derer, die sich zu ihm und zur Wiedervereinigung bekannten, war leicht überschaubar. Das war nicht angenehm, hatte aber seine Vorteile: Vor falschen Freunden und Opportunisten war er gefeit. Auf jene, die sich zu ihm bekannten, weil sie für die gleiche Sache eintraten wie er, konnte er sich ebenso verlassen wie sie sich auf ihn. Sie handelten und schrieben nicht für sich und ihre Karriere, sondern für eine große Sache, für Deutschland. Geboren wurde Kühn am 16. November 1936 in Potsdam. Der Vater, kaufmännischer Angestellter, war nach dem Ersten Weltkrieg aus Riga nach Potsdam gekommen; die Mutter stammte aus einer Familie, deren Wurzeln in Ostpreußen und in Brandenburg liegen, was sein Interesse am deutschen Osten und an Osteuropa sowie seine umfangreichen genealogischen Forschungen erklärt. Bis 1952 ging er in Potsdam zur Schule, dann zog die Familie – was damals noch möglich war – nach WestBerlin, wo er 1956 sein Abitur ablegte, um anschließend an der Freien Universität Jura zu studieren. Den Lebensunterhalt verdiente er sich als Fremdenführer und als Postfacharbeiter, was ihn nicht hinderte, nach vier Jahren, 1960, sein Erstes Staatsexamen mit Prädikat abzulegen; 1965 folgt das Zweite. Hoffnung auf Bundestagsmandat Daß Kühn 1964 in die FDP eintrat, hatte seinen Grund darin, daß der FDP-Vorsitzende Erich Mende damals gegen den Widerstand der CDU die Passierscheinregelung durchboxte, die die Mauer für die Westberliner ein wenig durchlässiger machte. Damit war das politische Thema, die Teilung Deutschlands, angesprochen, das sein Leben fortan prägen sollte. Als die FDP-Bundestagsfraktion 1965 einen Juristen als wissenschaftlichen Hilfsarbeiter suchte, wechselte er nach einem Gespräch mit Genscher, der damals Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion war, jung verheiratet mit seiner Frau nach Bonn. In der Fraktion übernahm er die Zuständigkeit für die Außen-, Deutschland- und Sicherheitspolitik. Damit war der Rahmen seines politischen Engagements abgesteckt. Nach dem Zustandekommen der sozial-liberalen Koalition im Jahr 1969 ging Kühn mit Genscher ins Innenministerium. Genscher wurde Minister, Kühn persönlicher Referent von Staatssekretär Günter Hartkopf. Die beiden Jahre in dieser Funktion bewertet er rückblickend als eine Lehrzeit in Verwaltungspraxis. Parallel dazu übernahm er den Vorsitz der FDP in Bonn und erzielte dort bei den Bundestagswahlen von 1965 und 1969 zweistellige Ergebnisse, die weit über dem FDP-Durchschnitt lagen. Seine Hoffnung auf ein Bundestagsmandat aber zerschlug sich. In der Delegiertenversammlung dominierten die linken Liberalen und die zeigten ihm, dem Nationalliberalen, die kalte Schulter. Statt dessen nutzte er die Chance, mit Unterstützung Genschers die damals vakant gewordene Präsidentschaft des Gesamtdeutschen Instituts zu übernehmen. Dieses Amt wurde ihm zur Lebensaufgabe. In den siebzehn Jahren, in denen er das Institut bis zur Wiedervereinigung leiten durfte, fielen für ihn Beruf und Berufung zusammen. Er überlebte in seinem Amt alle innerdeutschen Minister von Egon Franke (SPD) über Rainer Barzel und Heinrich Windelen bis hin zu Dorothee Wilms, die 1989 – sozusagen in letzter Minute – allen europäischen Staaten ein Vetorecht gegen die Wiedervereinigung anbot. Das blieb freilich folgenlos, denn die Einheit war schneller und entzog solchen Versuchen, sie zu verhindern, den Boden. Die Wiedervereinigung machte das Innerdeutsche Ministerium und das Gesamtdeutsche Institut überflüssig. Ihre Aufgabe war erfüllt. Kühn durfte sich in seiner Haltung bestätigt fühlte. Sein neues Aufgabenfeld suchte er sich dort, wo Hilfe nun besonders nötig war, im Osten. In Leipzig übernahm er die Aufgaben des Verwaltungs- und des Rundfunkdirektors von Sachsenradio. Als diese Anstalt im MDR aufging, in dem die CDU/CSU die Schaltstellen besetzt hatte, folgte Kühn dem Ruf des damaligen Chefs der sächsischen Staatskanzlei Arnold Vaatz und baute in Dresden die Landesmedienanstalt für den privaten Rundfunk auf. Alsbald stellte sich jedoch heraus, daß er die politischen Kreise von Ministerpräsident Biedenkopf störte, der diese Behörde anders besetzen wollte. Um Kühn loszuwerden, lies er das einschlägige Gesetz viermal abändern. Nach sieben Jahren war er am Ziel. Kühn ließ sich abwählen und ging in dem Bewußtsein, die sächsische Rundfunklandschaft zu einem erheblichen Teil geprägt zu haben. Seither lebt er in Berlin, verfolgt die Zeitläufte, widmet sich der Familienforschung und schreibt bei gegebenem Anlaß in dieser Zeitung seine Anmerkungen zum Zeitgeschehen. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Foto: Detlef Kühn (neben Ernst Nolte) bei der Verleihung des Gerhard-Löwenthal-Preises (2004): Zeitgeistresistent

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