Bei den vom 3. Dezember auf den 9. Oktober vorverlegten Landtagswahlen im östlichsten österreichischen Bundesland konnte die SPÖ erneut einen klaren Wahlsieg verbuchen. Die Sozialdemokraten erzielten mit 52,2 Prozent (+5,6/19 Sitze) die absolute Mehrheit. Die bürgerliche ÖVP kam auf 36,3 Prozent (+1,0) erneut auf 13 Sitze. Die FPÖ erlebte wieder ein Debakel und erreichte mit 5,8 Prozent (-6,8) nur noch zwei statt vier Sitze im Eisenstädter Landtag. Die Grünen verloren hingegen wie in der Vorwoche in der Steiermark nur leicht – 5,2 Prozent (- 0,3) reichten erneut für zwei Sitze.
Wenn SPÖ-Spitzenkandidat Hans Niessl nicht nur seinen Landeshauptmann-Sessel verteidigen, sondern auch zwei Mandate hinzugewinnen konnte, liegt dies nicht zuletzt an einem lokalen Glücksfall. Seit dem österreichischen EU-Beitritt (1995) ist das bis 1921 zu Ungarn gehörende Burgenland Ziel-1-Fördergebiet der Europäischen Union. Der damit verbundene wirtschaftliche Aufschwung wird vor allem der im Lande regierenden SPÖ zugeschrieben.
Franz Steindl, Spitzenkandidat der ÖVP, rückte die zugrunde liegenden Realitäten zurecht, indem er darauf verwies, Niessl erst kürzlich "zu Terminen mit der Bundespolitik verholfen" zu haben. Immerhin geht es um zukunftsweisende Nachfolgelösungen für die demnächst auslaufenden EU-Förderprogramme. Den 242.000 Wahlberechtigten scheint dieser Umstand ebenso entgangen zu sein wie der geplatzte Verkauf der landeseigenen Bank Burgenland. Zwar war der kurz vor Vertragsunterzeichnung gescheiterte Verkauf an den Industriellen Mirko Kovats das bestimmende Thema eines sonst lauen Wahlkampfes. Es blieb aber letztlich ohne zählbare Auswirkungen auf das Wahlverhalten der Burgenländer.
Daran vermochte auch ein kürzlich veröffentlichter Rechnungshof-Bericht nichts zu ändern, der die gescheiterten Verkaufsambitionen harsch kritisierte: "Die Privatisierung ist durch eine weitgehend unkoordinierte Vorgangsweise gekennzeichnet gewesen." Und daran vermochte auch die laut ÖVP fragwürdige Finanzierung des SPÖ-Wahlkampfes, etwa eine aus Steuermitteln bezahlte, über 100.000 Euro teure, 28seitige Sonderbeilage in einem Nachrichtenmagazin, nicht zu rütteln.
So bleibt eine österreichische Tradition die gängigste Begründung des Wahlergebnisses: im Land gewinnt, wer im Bund nicht regiert. Es waren demnach bundespolitische Aspekte, die maßgeblich die Wählerströme bestimmten.
Wiederum gelang es der ÖVP nicht, Ex-FPÖ-Wähler an sich zu ziehen. Viele Wähler, die im Jahre 2000 FPÖ gewählt hatten, gaben ihre Stimme diesmal der SPÖ, blieben zuhause oder wählten die erstmals angetretene Österreichische Bürger- und Wirtschaftspartei (ÖBWP) von Adam Galirow, die immerhin 0,5 Prozent der Stimmen erhielt. "Drogenhändler, Kriminaltouristen, straffällige Asylanten, Dämmerungseinbrecher und viele mehr ziehen durch unser Land und führen regelrechte Raubzüge durch", heißt es im ÖBWP-Programm. Die Forderung, "Österreich muß wieder ein sicheres Land werden, damit sich unsere Bürger ohne Einschränkungen in ihrer Lebensqualität bewegen können", zog unentschlossene Protestwähler an.
Die FPÖ scheint als ehemalige Protestpartei noch nicht rehabilitiert zu sein. Die Turbulenzen um die Abspaltung Jörg Haiders und seines Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) liegen erst ein halbes Jahr zurück. In diesem Lichte ist das Abschneiden des FPÖ-Spitzenkandidaten Johann Tschürtz als achtbar zu bezeichnen. In zwei Wochen folgen die Wiener Gemeinderatswahlen und eine Wahlpleite in beiden Ländern (in der Steiermark flog die FPÖ aus dem Landtag) hätte die Ausgangslage für den in Wien kandidierenden FPÖ-Bundesobmann Heinz-Christian Strache massiv verschlechtert.
Gegenteiliges trifft für das BZÖ zu, das sich, in Ermangelung eines aussichtsreichen Kandidaten, der burgenländischen Wahl erst gar nicht stellte. Nach der steirischen Wahlpleite und dem "ausgelassenen Versuch" im Burgenland ist nicht zu erwarten, daß sich die Umfragewerte des Wiener BZÖ, die bei einem Prozent und damit unterhalb der Wahrnehmungsgrenze liegen, maßgeblich verbessern. Das Haider-Projekt "Orange" wird wohl so schnell verschwinden wie es gekommen war.
Auch der KPÖ-Erfolg in der Steiermark scheint wohl auf absehbare Zeit ein Grazer Lokalphänomen des "sozialen Engels" Ernest Kaltenegger zu bleiben. Im Burgenland verzichteten die Kommunisten auf eine Kandidatur, in Wien bleiben die Umfragewerte mangels eines populären Spitzenkandidaten unter der Vier-Prozent-Hürde.
Die Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre (Plus von 6.000 Wahlberechtigten) hatte übrigens keinen merklichen Einfluß auf das Wahlergebnis.
Foto: Wahlsieger Hans Niessl mit Ehefrau: Viele ehemalige FPÖ-Wähler gaben ihre Stimme diesmal der SPÖ