Der ehemalige FDP-Politiker und Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig hat dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in Sachen Enteignung “politische Schlagseite" attestiert. In einem Interview mit der am Freitag in Berlin erscheinenden Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT kritisiert der Jurist, daß sich im Urteil des EGMR “Argumente finden, die juristisch nicht überzeugend sind, sondern ganz offensichtlich ‚herhalten‘ mußten, um das gewünschte Ergebnis herbeizuführen". Zwar bewege sich das Urteil “noch innerhalb der gerichtlichen Interpretationsmöglichkeiten", doch hätte das Gericht “auch anders entscheiden können". Daß es das nicht getan hat, liege an der “politischen Hintergrundmusik". Offenbar lege das Gericht “einen Sachverhalt mal so und mal so aus".
“Solange dieser Fall so offensichtlich das Gerechtigkeitsgefühl eines jeden rechtstreuen Bürgers verletzt", so Schmidt-Jortzig, “und so offen allein etatistischen Zwecken dient, kann er politisch nicht als abgeschlossen betrachtet werden." Er erwarte eine neue Initiative aus der Politik. Hier müsse man “nachsetzen und auch nach der Wahl daran erinnern, was versprochen wurde".
Edzard Schmidt-Jortzig war von 1996 bis 1998 Bundesjustizminister, außerdem Abgeordneter des Deutschen Bundestages und Landesverfassungsrichter in Sachsen. Seit 1984 lehrt der FDP-Politiker Öffentliches Recht an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.
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