Jenseits des großen Teiches, in jenem Land, das ebenso euphemistisch wie blasphemisch sich für Gottes Bauchnabel hält, boomt es momentan. Aber gleichzeitig wächst die Gefahr einer verheerenden Wirtschaftskrise. Kommt dieser „big bang“, wird zuerst und am meisten das amerikanische Volk bluten. Zweitens trifft angesichts vielfältiger Verflechtungen und Abhängigkeiten eine solche Krise die deutsche Wirtschaft sofort und auf ganzer Linie. Drittens – so sehr wir den Rückzug der Amerikaner aus Europa und allen De-facto-Besatzungsgebieten wünschen – es gibt Gefahren für den Weltfrieden und die Freiheit der Völker wie den nach Weltherrschaft strebenden Islamismus, die nur von vereinten Nationen überwunden werden können. Gerade wer eine unipolare „Pax Americana“ beseitigen will, muß auf ein Sich-Ausbalancieren der Mächte und auf Gegengewichte zu aufsteigenden potentiellen Supermächten wie China und Indien setzen, für deren zukünftige Friedfertigkeit es keinerlei Garantien gibt. Die Rolle der zwangsweise eingeschränkten (und vielleicht zusätzlich sich selbst klug beschränkenden) Großmacht ohne Supermacht- oder Weltpolizistenallüren wird Amerika aber nur dann spielen können, wenn ein unabhängiges Europa als starke und selbstbewußte Friedens- und Wirtschaftsmacht einem in sich gefestigten Amerika gegenübersteht, mit ihm in friedlicher Konkurrenz koexistiert und kooperiert. Wie steht es nun um die Basis der amerikanischen Macht, nämlich die Wirtschaft? Hier vollzieht sich das, was der amerikanische Journalist und Essayist Bill Bonner „die Tyrannei des Hier und Jetzt“ nennt: Was man besitzt, soll entweder investiert oder gleich konsumiert werden. Sparen oder Verzicht gelten geradezu als unmoralisch. Nicht Geiz ist hier geil, sondern das Sich-Verschulden bis Oberkante Unterlippe. Die Schulden wachsen sechsmal so schnell wie die Einkommen. Das Verhältnis der Gesamtschulden (öffentliche und private) zum Bruttoinlandsprodukt, das fast ein Jahrhundert lang die Grenze von 160 Prozent nicht überschritt und nur in den Jahren der Weltwirtschaftskrise bei 260 Prozent lag, hat längst 300 Prozent übertroffen. Die US-Regierung sieht dem tatenlos zu bzw. heizt mit billigem Geld die Schwindelkonjunktur an. Und wir hier, was bleibt uns zu tun? Wir können Amerikas Politiker nicht abwählen, aber fatale Auswirkungen abmildern, wenn wir uns politisch und wirtschaftlich so weit wie möglich abkoppeln von den USA, wenn wir nicht in blinder Nibelungentreue den USA ins Desaster folgen. Rolf Stolz ist Mitbegründer der Grünen. Heute lebt er als Publizist in Köln.