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Stechen und Hauen

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Der September könnte für die SPD einer der schwärzesten Monate ihrer Geschichte werden. Nach dem desolaten Wahlergebnis in Saarland, wo die Genossen sich nur knapp über der 30-Prozent-Marke halten konnten, droht in Sachsen und Brandenburg am 19. September sogar der Sturz an die dritte Stelle nach der PDS und der CDU. Und auch die Kommunalwahlen am 26. September in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, dürften für die Sozialdemokraten ein Desaster werden. Nach letzten Umfragen liegt die Union in den meisten wichtigen Städten an der Spitze, auch im Ruhrgebiet, das noch vor ein, zwei Jahrzehnten mit Wahlergebnissen von 60 Prozent eine sichere Bank für die SPD war. Heute sind die Sozialdemokraten dagegen nahezu überall auf Koalitionen angewiesen, um überhaupt noch einen Oberbürgermeister zu stellen. Und nach 55 Jahren droht nun auch eine der letzten Hochburgen der SPD zu fallen: nämlich die Stadt Oer-Erkenschwick. Zwar liegt der 54jährige Spitzenkandidat der SPD, Fred Schlechter, noch leicht vorne. Doch nach seinem Parteiausschluß kandidiert der ehemalige SPD-Spitzenmann Karl-Heinz Rusche als unabhängiger Kandidat und hofft, dem Sozialdemokraten die entscheidenden Stimmen abnehmen zu können. Lachender Dritter könnte Hans-Joachim Menge von der CDU sein! Auch Hartz IV spielt bei den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen eine wichtige, vielleicht sogar die entscheidende Rolle. So sagte dann auch der Politikwissenschaftler Uwe Andersen dem WDR: „Die meisten Wähler trennen nicht zwischen den Ebenen, in diesem Fall Bundes- und Kommunalebene … Hauptbetroffener scheint die SPD als dominierende Regierungspartei zu sein. Im Wahlkampf führt dies in vielen Kommunen dazu, daß die lokale SPD sich von der Bundesebene abzugrenzen und allein mit den örtlichen Themen und Kandidaten zu werben versucht.“ So schätzt Andersen dann auch die Chancen der SPD als „eher ungünstig“ ein. Das gelte besonders bei den gleichzeitig stattfindenden Oberbürgermeisterwahlen, da diese meist sehr personenbezogen seien und die CDU den Vorteil habe, daß nach dem Wahldebakel der Sozialdemokraten 1999 in den Städten meist neue und für viele Wähler noch unbekannte Kandidaten aufgestellt wurden, so etwa die Essenerin Gudrun Hock in Düsseldorf. Die SPD-Kandidaten verzichten vielerorts ganz und gar auf die Nennung des Parteinamens. Achtungserfolge erwartet der Bochumer Politikwissenschaftler für linke Wahlbündnisse. Bei den politischen Rändern rechnet er dagegen nur mit „sehr begrenzten Zuwächsen“. Da es in Nordrhein-Westfalen keine Fünf-Prozent-Sperrklausel mehr gibt, würden aber sicherlich Mitglieder extremistischer Parteien in die lokalen Parlamente ziehen. Begünstigt werden könnten sie durch eine geringe Wahlbeteiligung. Erwartet wird, daß die 1999 ohnehin schon sehr schwache Wahlbeteiligung von 55 Prozent nochmals unterboten wird. „Erstwähler als Zünglein an der Waage“ Nicht zuletzt deswegen hat die SPD-geführte NRW-Landesregierung eine Kampagne gestartet, um so viel Erstwähler wie möglich zur Wahl zu bewegen. Etwa 900.000 Jugendliche ab 16 Jahren dürfen erstmals ihr Kreuz bei einer Kommunalwahl machen. Das sind immerhin 6,4 Prozent aller Wähler an Rhein und Ruhr. „Die Erstwähler können durchaus das berühmte Zünglein an der Waage sein“, wie Landesinnenminister Fritz Behrens (SPD) kürzlich in Düsseldorf sagte. Deswegen soll mit dem Slogan „Wer wird Platzhirsch?“ die Wahlmüdigkeit der oftmals politikverdrossenen Jugendlichen vertrieben werden. Hierzu wurden jetzt rund 100.000 Plakate und Aufkleber an Schulen und Jugendzentren verteilt. Bei der Kommunalwahl 1999 hatte die Wahlbeteiligung der Erstwähler bei unter 50 Prozent gelegen. Im Märkischen Kreis gibt es um eine gemeinsame Wahlliste von NPD und Republikanern heftigen Streit. Auf Platz eins kandidiert der republikanische Ratsherr Jürgen Thiel, während der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der NPD, Stephan Haase, Platz zwei zugesprochen bekam. Daraufhin warf die stellvertretende Bundesvorsitzende der Republikaner, Ursula Winkelsett, die gleichzeitig auch NRW-Landesvorsitzende ist, allen Beteiligten Betrug und eine Unterwanderung ihrer Partei vor. Der Kreiswahlausschuß prüfte das Prozedere, fand jedoch keine Unregelmäßigkeiten, so daß die gemeinsame Liste schlußendlich genehmigt werden mußte. Die NPD tritt außerdem noch in Wattenscheid, Essen, Heinzberg, Mönchengladbach, Aachen (Stolberg), im Rhein-Sieg-Kreis, Duisburg, Ennepe-Ruhr und Köln an. Die Republikaner kandidieren in insgesamt 17 Kreisen und Städten des Landes. In Köln tritt neben NPD und den Republikanern noch die rechte Bürgerbewegung Pro Köln an, die sich vor allem durch ihren Widerstand gegen eine geplante Moschee positioniert. Mittlerweile hätten Unterstützer von Pro Köln bereits über 28.000 Unterschriften gegen das muslimische Bauprojekt gesammelt. Es scheint so, als wolle Pro-Köln die Kommunalwahlen zu einer Abstimmung über den Moscheebau machen. Da es keine Fünf-Prozent-Hürde gibt, rechnet die Liste auf jeden Fall mit ihrem Einzug in den Kölner Stadtrat. „Wir haben jetzt schon ein Unterstützer-Potential von erheblich mehr als zehn Prozent“, heißt es in einer Erklärung von Pro Köln. Interessant wird auch der Urnengang in Düsseldorf. So reichten die SPD eine fehlerhafte Liste ein, die in einem wesentlichen Punkt nicht dem Abstimmungsergebnis der Delegiertenversammlung im Februar entsprach. Der bei einer Kampfabstimmung siegreiche Frank Spielmann mußte mit Platz 40 vorliebnehmen, während der unterlegene Matthias Herz auf dem recht sicheren Platz 23 kandidiert. Dieser Fehler wurde erst entdeckt, als die Einspruchsfrist schon abgelaufen war. Doch damit nicht genug: Zu einer der größten Wahlkampfveranstaltungen wurde der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit eingeladen. Peinlich war nur, daß auf vielen Einladungen ein falscher Veranstaltungsort angegeben war, so daß die Konfusion groß und die Zuschauermenge entsprechend gering war. Foto: Wahlplakate für Kommunalwahl: Wegen schlechter Stimmung wird auf den Parteinamen verzichtet

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