Der Verlauf und die Ergebnisse des 26. Jahreskongresses des Studienzentrums Weikersheim dokumentierten nach Auffassung seines neugewählten Präsidenten Bernhard Friedmann die wichtige Rolle des Studienzentrums im Hinblick auf die öffentliche Meinungsbildung. Erfreut zeigte sich der Präsident insbesondere über den Verjüngungsprozeß bei den Mitgliedern, der in den letzten Monaten stattgefunden hat. „Der Eintritt einer Reihe von junger Menschen zeigt“, betonte Friedmann, „daß die Arbeit des Studienzentrums mehr und mehr auch bei den jungen Menschen auf Interesse stößt. Diesen Prozeß wollen wir weiter forcieren und fördern.“ Angesichts der großen Zukunftsprobleme, vor denen die deutsche Gesellschaft stünde, bedürfe es eines signifikanten Anteils junger Menschen in der Arbeit des Studienzentrums. Dies sei, so sagte Friedmann, durch die Gründung von Jung-Weikersheim am vergangenen Sonntag sichergestellt worden. Jung-Weikersheim ist eine Unterorganisation des Studienzentrums Weikersheim und hat einen eigenen sechsköpfigen Vorstand, zu dessen ersten Vorsitzenden Steffen Bilger gewählt worden ist. Bilger ist Bezirksvorsitzender Nordwürttemberg der Jungen Union. Generalthema des Kongresses, der vom 7. bis 9. Mai im Rittersaal des Schlosses Weikersheim stattfand, war die europäische Integration. Den Auftakt machte Christoph Palmer (CDU), Minister des Staatsministeriums des Landes Baden-Württemberg. Palmer referierte über die „Verankerung christlich-abendländischer Grundwerte in der geplanten EU-Verfassung“. Er insistierte darauf, daß bestimmte Werte, die zum Erbe dessen gehörten, was heute als christlich-abendländische Kultur bezeichnet wird, nicht verhandelbar seien und auch nicht zur Diskussion gestellt werden dürften. Diese Werte müßten in voller Breite Eingang in die EU-Verfassung finden. Darüber hinaus machte sich Palmer für die Stärkung des Subsidiaritätsprinzips und eine klare Kompetenzabgrenzung stark, die als Korrektiv gegen eine zu starke Brüsseler Dominanz unabdingbar seien. Der im Libanon geborene katholische Theologe Adel Theodor Khoury setzte den Vortragsreigen mit seinen „Gedanken zur kulturellen Integrationsfähigkeit der EU“ fort. Angesichts der Probleme, die derzeit zwischen der islamischen und der westlichen Welt herrschen, plädierte Khoury für einen intensiven Kulturaustausch, der durch eine „breite Bewegung von Intellektuellen“ getragen werde müßte. Der Westen sollte insbesondere die gemäßigten Kräfte im Islam stärken. Um dieses Ziel zu erreichen, bedürfte es eines Arbeitsprojektes und eines aktiven Dialoges mit dem Islam. Friedbert Pflüger, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sprach in einem temperamentvollen Vortrag über „Europa und den islamischen Terrorismus“. Zweifellos seien die USA und Israel die Hauptfeinde islamistischer Terroristen. Es käme aber einem Fehlurteil gleich, würden die Europäer sich sicher fühlen oder gar glauben, sie könnten sich durch Distanzierung von den Vereinigten Staaten wegducken. Islamisten hätten ein gemeinsames Ziel. Sie wollten die in ihren Augen schwache westliche Konsumgesellschaft unterwerfen und die Ungläubigen zu Tributpflichtigen machen oder vernichten. Hierin erkennt Pflüger einen „islamistischen Totalitarismus“, der mit dem Kommunismus und dem Nationalsozialismus verglichen werden könnte. Vor allem die kleineren Staaten gewinnen Mit der „Rolle Deutschlands in der EU“ beschäftigte sich Bernhard Friedmann, der ehemalige Präsident des Europäischen Rechnungshofes. Friedmann problematisierte unter anderem die Tatsache, daß Deutschland zwar der größte Nettozahler der EU sei, dies sich aber in keiner Weise bei der Gewichtung der Stimmen niederschlage. Weder die Höhe der Beiträge noch die Bevölkerungszahl spiele eine Rolle. Kritisch ging Friedmann auch auf die aus deutscher Sicht unbefriedigende Personalpolitik in Brüssel ein. Insbesondere auf den Arbeitsebenen der EU werde zuwenig darauf geachtet, daß deutsche Vertreter in angemessener Zahl in entsprechende Positionen gelangten. In einem sehr umfassend angelegten Beitrag schilderte der ehemalige Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer den langen Weg zum Euro und dessen – zum Teil riskante – Entwicklungsabschnitte. Tietmeyer zog ein insgesamt positives Fazit der Euro-Einführung. Geschaffene Institutionen wie z.B. die Europäische Zentralbank hätten sich bewährt. Unterschiedlich seien allerdings die ökonomischen Ergebnisse, also Wachstum und Beschäftigung, in der Euro-Zone zu bewerten. Hier sei auffällig, daß vor allem die kleineren Staaten der Euro-Zone gewonnen hätten. Die ökonomischen Verlierer seien bisher Frankreich, Deutschland und Italien, deren Reformen im Hinblick auf Arbeitsmärkte, Bürokratie und soziale Sicherungssysteme nicht ausreichten. Deren Probleme könnten aber nicht dem Euro angelastet werden. Der Euro habe diese Probleme, so unterstrich Tietmeyer, nur transparent gemacht.
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