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Freiheitlicher Richtungsentscheid

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Der EU-Wahlkampf in Österreich ist diesmal spannender als 1999. Damals regierte in Wien noch die Große Koalition, und es hatten 31,7 Prozent für die SPÖ und 30,7 Prozent für die ÖVP gestimmt und ihnen so jeweils sieben Sitze gesichert. Die FPÖ kam als Oppositions- und Protestpartei auf 23,4 Prozent (fünf Sitze) und die Grünen mit 9,3 Prozent auf zwei Sitze. Fünf Jahre später ist nichts mehr, wie es war. Seit 2000 regiert Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) das Land. Der FPÖ ist das Mitregieren auf Bundesebene überhaupt nicht bekommen – vor allem der Sozialabbau kam bei einem Großteil der einst von der SPÖ übergelaufenen Wählerklientel nicht gut an. Streitereien um den politischen Kurs führten zu zahlreichen Parteiaustritten. Außerhalb des Stammlandes Kärnten, wo FPÖ-Altobmann Jörg Haider in diesem Jahr erneut zum Landeshauptmann gewählt worden ist, lag die FPÖ bei den letzten Wahlen um zehn Prozent. Die SPÖ kann davon im EU-Wahlkampf aber nur bedingt profitieren, denn ihr ist mit Hans-Peter Martin der Europa-Spitzenkandidat von 1999 „abhanden“ gekommen. Der parteilose Ex-Spiegel-Redakteur Martin hatte sich mit dem von ihm aufgedeckten – und von Kronen Zeitung und Stern genüßlich ausgeschlachteten – EU-Spesenskandal (JF 9/04) bei den EU-Sozialisten gehörig unbeliebt gemacht. Er wurde aus der SPE-Fraktion ausgeschlossen und tritt daher am 13. Juni nun mit einer eigenen Liste an. Und die Liste Hans-Peter Martin (HPM) könnte die österreichische EU-Delegation gehörig durcheinanderwirbeln – auch dank publizistischer Kronen-Unterstützung und prominenter Kandidaten wie der ehemaligen ORF-Moderatorin Karin Resetarits: Laut einer aktuellen Meinungsumfrage des Instituts EOS Gallup Europe kann die HPM mit bis zu 16 Prozent rechnen. Die SPÖ liegt bei 30 Prozent, die ÖVP bei 29 Prozent. Für die Grünen wollen 14 Prozent stimmen. Die FPÖ liegt abgeschlagen bei neun Prozent. Auch wenn die Freiheitlichen in Umfragen tendenziell unter- und die Grünen überbewertet sind – die FPÖ wird diesmal sicherlich keine fünf Kandidaten nach Straßburg entsenden können. Ein Grund ist die EU-Erweiterung auf 25 Mitglieder: Die Zahl der Abgeordneten im EU-Parlament steigt zwar von 626 auf 732, allerdings müssen 13 Altmitglieder auf Mandate verzichten. Deutschland stellt weiterhin 99, doch Österreich darf nur noch 18 statt 21 Parlamentarier entsenden. Vorzugsstimmen als Teil des österreichischen Wahlrechts Deshalb sind für einen Sitz diesmal theoretisch über 5,5 Prozent der Stimmen notwendig. Dieses Quorum könnte zwar etwas niedriger liegen, wenn die KPÖ-dominierte „Linke-Plattform“ des Ex-SPÖ-Genossen Leo Gabriel ein Prozent für sich abzweigt. Doch der Kampf um die Straßburger FPÖ-Sitze ist letzten Monat entbrannt – dank einer österreichischen Spezialität im Wahlrecht. Man kann nämlich zwischen Bregenz und Neusiedler See nicht nur ein Kreuz bei einer Partei machen, sondern bei der Europawahl auch noch eine Vorzugsstimme vergeben: Rechts neben dem Parteinamen befindet sich ein Kästchen, in das man den Namen eines einzelnen Kandidaten schreiben kann. Stimmensplitting ist nicht erlaubt, denn die Vorzugsstimme kann nur an einen Kandidaten der angekreuzten Partei vergeben werden. Das könnte die FPÖ-Liste verändern: Wenn am 13. Juni lediglich der Listendritte Andreas Mölzer von mindestens sieben Prozent der FPÖ-Wähler eine Vorzugsstimme erhalten, dann würde er statt des nominierten Listenführers Hans Kronberger ins EU-Parlament einziehen. Dem bisherigen EU-Abgeordneten Kronberger bliebe nur, auf ein zweites FPÖ-Mandat zu hoffen – wofür etwa elf Prozent nötig wären, was realistisch, aber nicht sicher ist. Sollte die HPM-Liste in Straßburg einziehen, würden der FPÖ wichtige „Proteststimmen“ fehlen – denn bislang war scharfe EU-Kritik eine „Domäne“ der FPÖ. Ein drittes FPÖ-Mandat ist angesichts des Wirbels um die HPM hingegen äußerst unwahrscheinlich. Liegt die Wahlbeteiligung bei 50 Prozent und stimmten etwa zehn Prozent für die FPÖ, dann müßte Mölzer über 20.000 Vorzugsstimmen schaffen, um vorgereiht zu werden. Vor fünf Jahren bekam die FPÖ insgesamt 23,4 Prozent. 29.408 FPÖ-Wähler gaben eine Vorzugsstimme ab – das waren nur 4,5 Prozent der FPÖ-Stimmen. Die deshalb von Zur Zeit-Chefredakteur und Krone-Kolumnist Andreas Mölzer gestartete Vorzugsstimmenkampagne ist aber auch eine Richtungsabstimmung: Der 51jährige Mölzer gilt als Vertreter des rechten und deutsch-nationalen Flügels der Freiheitlichen – mit einem heißen Draht zu Jörg Haider. Sein Wahlkampf wird offen unterstützt von den FPÖ-Traditionalisten Ewald Stadler (als einer von drei „Volksanwälten“ eine Art österreichischer Petitionsausschuß) und Bundesrat John Gudenius. Der 53jährige Kronberger ist ebenfalls Journalist und wurde von Haider für die FPÖ geworben. Seit 2003 ist er FPÖ-Mediensprecher. FPÖ-Unterschriftenaktion gegen den Irak-Krieg Der Parteilose hat aber keine „Hausmacht“ bei den Freiheitlichen. Als sach-orientierter Umweltpolitiker machte er sich über Parteigrenzen weg einen Namen. Mölzer will in Straßburg die Zusammenarbeit mit anderen „rechtspopulistischen“ Parteien suchen, etwa dem belgischen Vlaams Blok, der italienischen Lega Nord oder der Dänischen Volkspartei. Kronberger betont die Unabhängigkeit der FPÖ. Es gibt aber auch verbindendes: Beide lehnen – mit unterschiedlicher Wortwahl – den Türkei-Beitritt ab. Auch in ihrer Ablehnung des Irak-Krieges sind sie sich einig: Kronberger hat schon 1998 in seinem Buch „Blut für Öl“ klar Stellung bezogen, auch Mölzers Zur Zeit bezieht eindeutig Position. Die FPÖ-Unterschriftenaktion gegen den Irak-Krieg unterstützen beide – 100.000 sind schon zusammengekommen. Foto: Wahlwerbung von Mölzer: Über 20.000 Vorzugsstimmen könnten den Einzug ins EU-Parlament sichern

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