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Der Kampf geht irgendwie weiter

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Recht leise sagte sie zum Abschied Servus, die Göttinger „Autonome Antifa M“. Über eine magere Pressemitteilung verlautbarte sie vergangene Woche , daß die Gruppierung seit dem 29. April 2004 „in ihrer bisherigen Form“ nicht mehr besteht. Doch nicht der Verfolgungsdruck durch einen eifrigen Staatsschutz hat das Ende herbeigeführt, sondern die Trennung erfolgte durch eigenen Entschluß und sei „Resultat von politischen Diskussionen und der Auswertung praktischer Initiativen, bei denen seit über einem Jahr die Standpunkte innerhalb der Gruppe erhebliche Differenzen aufwiesen“. Damit geht eine fast fünfzehn Jahre andauernde Geschichte politischer Auseinandersetzungen zu Ende, die auf ihren Höhepunkten den Rechtsstaat in der niedersächsischen Universitätsstadt vor erhebliche Herausforderungen stellte. Die AA (M) war von gewaltbereiten Linksextremen gegründet worden, nachdem im November 1989 eine „Antifaschistin“, die vor der Polizei flüchtete, bei einem Verkehrsunfall tödlich verletzt worden war. Die Tote wurde zur Märtyrerin verklärt („… von den Bullen in den Tod getrieben“), die Protestdemonstrationen eskalierten und hinterließen erhebliche Sachschäden. Seit dieser Zeit trat die AA (M) immer dann in Erscheinung, wenn es galt, gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextreme ins Feld zu ziehen. Dabei blieb die Gewalt gegen Sachen ebensowenig aus wie die gegen Personen. Vergewaltigung spaltet die Szene Mitte der neunziger Jahre versuchte die Staatsanwaltschaft, Mitglieder der Antifa M wegen Bildung und Unterstützung einer kriminellen Vereinigung anzuklagen, das aufwendige Verfahren wurde jedoch nach mehr als vier Jahren schließlich gegen Auflagen eingestellt. Nicht zuletzt durch Vermittlung prominenter Landes- und Bundespolitiker, etwa Thomas Oppermann (SPD) und Jürgen Trittin (Grüne), war zugunsten der Angeklagten interveniert worden. Die Gewaltbereitschaft der Antifa hatte in Göttingen jedoch keineswegs zu ihrer allgemeinen Ächtung geführt. Wenn es etwa gegen „Naziaufmärsche“ ins Feld zu ziehen galt, war die AA (M) gern gesehener Bündnispartner engagierter „Kämpfer gegen Rechts“, von den Gewerkschaften bis zu den Kirchen. Höhepunkt solcher Akzeptanz war sicher der Auftritt einer vermummten „Antifaschistin“ unmittelbar nach der Rede des CDU-Politikers Michel Friedman vor dem Göttinger Rathaus im Jahre 2001 anläßlich einer Demonstration gegen die NPD. Allerdings war bereits seit Ende der neunziger Jahre das langsame Siechtum der AA (M) eingeleitet. Ihre früher zum allseits gefürchteten „schwarzen Block“ gehörenden Kader zogen ab, der Nachwuchs verfügte nicht mehr über dieselbe Kampfkraft und ideologische Geschlossenheit. Zur Mobilisierung geeignete Feindbilder gerieten immer mehr zur Mangelware. Über die genauen Hintergründe der internen Auseinandersetzungen, die jetzt zum Scheitern der Autonomen Antifa führten, schweigt sich die Pressemitteilung aus. Verantwortlich scheint jedoch auch in diesem Fall ein Streit zu sein, der das Lager der linksextremen Autonomen seit längerem spaltet. Bereits vor einem Jahr löste sich die „Antifaschistische Aktion/ Bundesweite Organisation“ auf, zu der auch die Göttinger Antifa gehörte. Damals ging es um einen sogenannten „Sexismus-Streit“, ausgelöst durch eine Vergewaltigung innerhalb der Berliner Antifa. Dieser Vorfall sei innerhalb der Szene nicht befriedigend aufgearbeitet worden, so interne Kritiker. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt Negativ hätte sich dabei besonders die Fraktion der „Antideutschen“ hervorgetan, die in ihrem Stammblatt Bahamas die Vergewaltigung verharmlosend darstellten. Als ein Redakteur dieser Zeitschrift in Göttingen bei einer Veranstaltung des antideutschen „Autonomen Kollektivs“ auftrat, besetzten aufgebrachte Genossen das Podium. Damit hatte man die bei Aktionen gegen „rechte“ Gegner vielfach erprobte Vorgehensweise erstmals im eigenen Lager angewandt. Durch die einschlägigen Szeneblättchen rauschte der Schlagabtausch über linke „Essentials“. Die göttinger drucksache, über Jahre Forum der Szene, veröffentlichte einen Beitrag, in welchem den „Antideutschen“ das Gütesiegel „Links“ aberkannt wurde. Bereits über die „richtige“ linke Positionierung bei den Protesten gegen den Irak-Krieg war man zwischen „antideutsch“ und „antiamerikanisch“ (und damit möglicherweise „antisemitisch“) ins Schlingern geraten. Nun ist die Autonome Antifa (M) in – wie es heißt – drei Fraktionen gespalten, „punktuell“ werde man jedoch weiter „gegen die Realität des kapitalistischen Systems“ zusammenarbeiten. Denn, so schließt die Mitteilung, der „Kampf geht weiter“. Denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

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