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Verbindungen im Fadenkreuz

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Für die Bewohner der noblen Villa in der Sierchstraße 23 in Hamburg war der Zwischenfall nichts wirklich Neues. In der Nacht zum 19. Juli diesen Jahres verübten mutmaßliche Linksextremisten einen Anschlag auf das Haus der Hamburger Burschenschaft Germania. Wenige Stunden später war am selben Ort ein Sommerfest der traditionsreichen Studentenverbindung geplant gewesen. Die Burschen ließen sich die Stimmung nicht verderben und feierten ausgelassen. Ein fader Beigeschmack blieb trotzdem. Nicht nur wegen des Sachschadens von etwa 10.000 Euro, der durch Farbbeutel und andere Wurfgeschosse verursacht wurde. Die jüngsten Übergriffe sind nicht die ersten Aktionen gegen die Hamburger Burschenschaft. Die Germania sieht den neuerlichen Anschlag vielmehr als Ergebnis einer seit mehreren Monaten andauernden Verleumdungskampagne von linksgerichteten Medien und speziell vom AStA der Universität. Das geistige Rüstzeug erhielten die Attentäter vermutlich von der links-alternativen taz, die zwei Tage zuvor mit der reißerischen Überschrift „Braune Burschen“ gegen den Hamburger Germanen Christian Brandes Stimmung machte. Brandes ist Abgeordneter der Bürgerschaft der Hansestadt und hochschulpolitischer Sprecher der Schill-Partei. In der jüngeren Vergangenheit hat vor allem die SPD-Opposition scharfe Geschütze gegen Brandes und die Germania aufgefahren. Der Studentenverbindung wurden neben dem pauschalen Extremismusvorwurf auch eine angebliche Nähe zu den Rechtsparteien NPD und Republikaner unterstellt. „Wir verwahren uns entschieden gegen die Unterstellung politischer Einseitigkeit. Als zukünftige Akademiker sind wir jederzeit zu einer geistigen, ernsthaften und anspruchsvollen Auseinandersetzung insbesondere mit Andersdenkenden bereit“, wehrt sich Germanen-Sprecher Hannes Pölzer gegen die Kritik. „Wenn genug Dreck geworfen wird, bleibt was hängen“ Doch die Distanzierungen dürften dem jungen Germanen nichts nutzen. Vor allem die Mitgliedsbünde der Deutschen Burschenschaft sehen sich seit mehreren Jahren einem erhöhten Verfolgungsdruck ausgesetzt. Zeitgleich mit dem von Bundeskanzler Gerhard Schröder geforderten „Aufstand der Anständigen“ hat eine Kampagne gegen die rund 120 Mitgliedsbünde des akademischen Dachverbandes in der Bundesrepublik und Österreich eingesetzt. Den Anfang machten die so genannten „Münchner Vorfälle“ im Jahr 2001. Damals war es vor einem Lokal in der bayerischen Landeshauptstadt zu einer Schlägerei gekommen, in deren Verlauf ein vorbestrafter Grieche erheblich verletzt wurde. Der mittlerweile verurteilte Täter hatte in der Tatnacht Unterschlupf auf dem Haus der Münchner Burschenschaft Danubia gefunden. „Burschenschafter bieten Neonazis Unterschlupf“, titelten bundesweit die Medien. Der bayerische Landesvorsitzende der Grünen, Jerzy Montag, forderte daraufhin nicht nur „das Verbot der Danubia“, sondern „auch deren Enteignung“. Solche Forderungen wiederholen sich seitdem regelmäßig, auch wenn alle Verfahren gegen die Danubia längst eingestellt wurden. Doch im Falle der Danubia bewahrheitete sich das alte Motto: „Wenn genug Dreck geworfen wird, wird schon etwas hängen bleiben.“ Als Steigbügelhalter der Antifa profilierte sich ausgerechnet der bayerische Innenminister Günther Beckstein. Seit zwei Jahren hat die Danubia ihren Stammplatz im Verfassungsschutzbericht des Freistaates sicher. Gleichzeitig ordnete „Metternich Beckstein“, wie der CSU-Politiker in Verbindungskreisen gerne genannt wird, die Überwachung der Erlanger Burschenschaft Frankonia und des Regensburger Bundes Teutonia Prag. Seitdem ist zwar eine geraume Zeit vergangen, doch die Auswirkungen sind immer noch sichtbar. „In ihrer Gesamtheit wird die DB nicht verfolgt“, glaubt Benedikt Fahrland von der Burschenschaft Hilaritas. Der Stuttgarter Bund hatte bis zum 31. Juli den Vorsitz der Deutschen Burschenschaft inne. „Es gab immer schon Widerstand von Einzelpersonen und Gruppen, die sich gegen Burschenschafter beziehungsweise ihr Engagement gerichtet haben. Daß einige Menschen, die sich nicht objektiv mit den Hintergründen beschäftigen und kaum etwas über die DB beziehungsweise Verbindungen wissen, eine Einordnung von Korporationen in ein bestimmtes politisches Lager vornehmen und, darauf aufbauend, nicht nur verbal, sondern auch aktiv attackieren, ist auch der gesellschaftlichen und politischen Veränderung in Deutschland zuzuschreiben“, sagt Fahrland. Am härtesten bekommt die Danubia diesen Prozeß zu spüren. Innerhalb der „Münchner Szene“ gelten die Danuben „als schwarze Schafe.“ Zum Volkstrauertag bekam der seit 1848 bestehende Bund schriftlich mitgeteilt, daß die Anwesenheit seiner Vertreter bei der Gedenkveranstaltung der Münchner Verbindungen nicht erwünscht sei. Ähnliche Vorfälle werden zunehmend aus dem gesamten Bundesgebiet gemeldet. Österreichische Burschenschafter kennen diese Probleme weniger – ihre parlamentarische Vertretung durch die FPÖ und ihre Präsenz in hohen Ämter sorgen für eine bessere Außendarstellung. In der Bundesrepublik ist der sich selbst als dezidiert politisch bezeichnende Dachverband dagegen medial kaum präsent. „Wenn berichtet wird, dann nur schlecht“, heißt es unisono. Bekennende Burschenschafter gibt es in der bundesdeutschen Politiker-Riege nur wenige. „Farbe tragen, heißt Farbe bekennen“ Die CSU-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Uhl (Arminia-Rhenania München) und Peter Ramsauer (Franco Bavaria München) haben aus ihrer Verbindungszugehörigkeit nie einen Hehl gemacht. Der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen (Burschenschaft Saravia), bewegt sich allerdings erst seit dem Ende seiner politischen Laufbahn wieder in Verbindungskreisen. „Farbe tragen, heißt Farbe bekennen“ – dieser Leitsatz der Deutschen Burschenschaft kann Personen in hohen Ämtern schnell zum Verhängnis werden. So geriet der baden-württembergische CDU-Fraktionschef Günter Oettinger vor zwei Jahren in erheblichen Erklärungsnotstand, weil beim Stiftungsfest seiner Verbindung das Deutschlandlied in allen drei Strophen gesungen wurde. „In extremistischen Burschenschafterkreisen“ bewege sich der Politiker, hetzte die örtliche Presse. Pech nur, daß es sich bei Oettingers Bund um eine eher unpolitische Landsmannschaft handelt, die mit der Deutschen Burschenschaft (DB) nichts zu tun hat. „Verbindungen gelten als traditionelle Vereinigungen und als nicht mehr zeitgemäß. Deswegen sind sie per sei verdächtig“, glaubt der Politikwissenschaftler Hans-Helmuth Knütter: „Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine Burschenschaft oder um eine andere Verbindungsspielart handelt“, analysiert Knütter. Diese bittere Erfahrung mußte unlängst auch ein Hamburger Student machen, der einer konfessionell gebundenen evangelischen Verbindung angehört. Der junge Mann geriet zufällig in die Demonstration gegen den NPD-Aufmarsch zum 60. Jahrestag der Operation „Gomorrha“ und wurde als Angehöriger einer Verbindung erkannt, da er typische Studentenmütze unter dem Arm trug. Diese Form von „Farbe bekennen“ mußte der Student mit erheblichen Verletzungen und einem Aufenthalt im Krankenhaus bezahlen. Rund 80 Zusammenschlüsse von Verbindungen und Dachverbände gibt bestehen derzeit in der Bundesrepublik Deutschland und Österreich. Die wenigsten haben eine politische Ausrichtung. Vor allem die Deutsche Burschenschaft gerät im Zuge der Kampagne immer häufiger unter den Vorwurf der Rechtslastigkeit. „Das ist die Folge von gezielten Desinformationen und schlampiger Recherche“, glauben Verantwortliche des Dachverbandes. In der Tat sind die rund 120 Mitgliedvereinigungen mit ihren 14.500 Mitgliedern an Heterogenität kaum zu überbieten. Neben einem rechten Flügel gibt es auch liberale und eher linke Interessen-Zusammenschlüsse. „Statt Bünde, die auf dem Boden des Grundgesetzes und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, zu bedrohen, gibt es weitaus wichtigere Fragen, die vom VS geklärt werden sollten – zum Beispiel die Bedrohung durch fundamental-islamische Terrorgruppen“, fordert Ex-DB-Sprecher Benedikt Fahrland. Doch das Anliegen des Stuttgarter Burschenschafters dürfte sich als frommer Wunsch erweisen. Extremisten fordern Verbot der Burschenschaften In Gießen geriet die örtliche Burschenschaft Germania in Erklärungsnöte, weil sich findige Journalisten an der Mitgliedschaft des Republikaner-Vorsitzenden Rolf Schlierer stießen. Und in Bayreuth flog der Publizist und NPD-Funktionär Jürgen Schwab in hohem Bogen aus der Burschenschaft Thessalia. Seine ehemaligen Bundesbrüder fürchteten, ebenfalls in Becksteins Bannstrahl zu geraten. „Gilt für den Bürger weiterhin das Prinzip, daß jedes Wort ein falsches sein kann und womöglich gegen Gesetze verstößt, kann jeder Innenminister (Bund und Land) in seinem VS-Bericht gezielt dafür sorgen, die Existenz von Organisationen in Gefahr zu bringen“, beklagt Fahrland. Professor Knütter spricht sogar von „öffentlichen Diffamierungen“, wenn Burschenschaften in Berichten des Staatsschutzes auftauchen. Den betroffenen Verbandsbrüdern empfiehlt er sogar „den Gang vor den europäischen Gerichtshof“ für den Fall, daß Berufsverbote ausgesprochen werden sollten. Auf einem solch fruchtbaren Boden kann es nicht überraschen, daß die abstrusesten Gedanken gedeihen. Bekennende Linksextremisten wie die ehemalige PDS-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke rufen dazu auf, „alle Burschenschaften zu verbieten“. Die Fußtruppen auf der Straße legen derweil schon einmal selbst Hand an. Die Universitätsstadt Marburg erlebt seit Jahren ein gespenstisches Schauspiel zu einem eigentlich fröhlichen Anlaß. So wird der dort stattfindende Marktfrühschoppen, den die Marburger Bürger gemeinsam mit den Studentenverbindungen feiern, regelmäßig von autonomen Krawallmachern empfindlich gestört (JF 28/03). In Berlin ging unlängst das Auto eines Mitgliedes der Burschenschaft Gothia in Flammen auf. Das Haus des Bielefelder Bundes Normannia-Nibelungia wurde kürzlich zum wiederholten Male Opfer von Brandanschlägen. Und die Normannia in Heidelberg, die über lange Jahre ein traditionsreiches Mai-Ansingen in der Innenstadt veranstaltete, verzichtet seit einiger Zeit auf die öffentlichen Auftritte. Der „Tanz in den Wonnemonat“ findet nun hinter verschlossenen Türen statt, abgeschirmt von Mannschaftswagen der Polizei und nur für geladene Gäste. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es zu ernsthaften Personenschäden kommt“, fürchtet ein Burschenschafter. In Hamburg wäre es fast so weit gewesen. Nur die Sicherheitsvorkehrungen am Germanen-Haus haben Schlimmeres verhindert. „Wären die Personen bis zu dem Gebäude vorgedrungen, so wäre es zu erheblichen Übergriffen auf unbeteiligte männliche wie weibliche Gäste gekommen“, teilten die Germanen mit. Hinter den Anschlägen steckt übrigens Methode. Sogenannte Autonome Gruppen hatten im Internet zu „Maßnahmen“ gegen die Germania aufgerufen. Besser hätte Schröders „Aufstand der Anständigen“ gar nicht funktionieren können. Fotos: Störer beim Marburger Marktfrühschoppen (2003): Ermutigt durch den bayerischen Minister Beckstein / Haus der Hamburger Burschenschaft Germania nach dem Anschlag: Autonome „Maßnahmen“?

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