Zu Zeiten des Kalten Krieges bestimmte die Zugehörigkeit zum je-weiligen Militärbündnis die Ausrüstung der Armeen. Während in den Nato-Staaten westliche Technik zum Einsatz kam, wurden die Heere des Warschauer Paktes mit Gerät aus osteuropäischer Herstellung ausgestattet. Im Bereich der leichten Waffen sowie der Steuerungstechnik gab es durchaus nennenswerte Beiträge aus mitteldeutschen, polnischen oder tschechischen Fabriken, das schwere Gerät wie Panzer, Flugzeuge, Luftabwehrsysteme, Transportmittel usw. kam jedoch fast ausschließlich aus sowjetischen Waffenschmieden.
Milliardenteure Umrüstung auf Nato-Standard nötig
Nach dem Auseinanderbrechen des Warschauer Paktes und dem Eintritt von Ländern wie Ungarn oder Polen in die Nato ist die paradoxe Situation entstanden, daß die Armeen dieser Staaten nach wie vor mit früherer sowjetischer Waffentechnik ausgestattet sind. Um in diesen Ländern eine Angleichung an den allgemeinen Nato-Standard zu erreichen, müßten über zehn bis zwölf Milliarden US-Dollar für den Ersatz älterer russischer durch neue westliche Waffensysteme aufgebracht werden, eine utopische Summe, die nicht zur Verfügung steht.
Um dennoch den Standard zu heben, schlossen in den letzten Jahren Ungarn, die Tschechei, die Slowakei und Bulgarien Verträge über die Modernisierung ihrer russischen Kampfflugzeuge der Typen MiG-29 und SU-22 ab, die somit bis in die Jahre 2010-2015 einsatzbereit sein werden. Auf diese Art und Weise stellen die neuen Nato-Mitglieder der Allianz einsatzfähige Waffen für einen kleinen Teil der obengenannten Summe zur Verfügung.
Interessant ist vor allem, wer mit der Modernisierung beauftragt wird. Zur sowjetischen Zeit hatten die russischen Hersteller ein Monopol auf die Modernisierung ihrer Waffensysteme. Inzwischen herrscht Marktwirtschaft, und zahlreiche Firmen bieten ihre Dienste an. Neben den russischen Herstellern tummeln sich auf diesem Markt Werkstätten aus den GUS-Staaten, aus Israel und sogar aus Westeuropa. Nachdem dieser Wettbewerb vorwiegend über den Preis geführt wird und die technische Sicherheit nicht immer für wichtiger erachtet wird als niedrige Modernisierungskosten, sind in der Folge bereits schwere Unglücke aufgetreten.
Nach der nicht sachgerecht durchgeführten Modernisierung von MIG-21-Kampfflugzeugen in Rumänien stürzten zwölf Maschinen ab, wobei acht Piloten ihr Leben lassen mußten. Im Bereich der Zivilluftfahrt gibt es die Regel, daß Überprüfungen und Modernisierungen von Flugzeugen nur von den Herstellern selbst oder von autorisierten Werkstätten durchgeführt werden dürfen, die sich zur Einhaltung der Vorgaben seitens der Hersteller verpflichten. Dies ist auch sinnvoll, weil nur so der nötige Sicherheitsstandard gewährleistet werden kann.
Nach dem gleichen Muster bieten heute die russischen Waffenhersteller ihre Unterstützung bei der Modernisierung von Flugzeugen, Hubschraubern, Panzern usw. an. Die entsprechenden Betriebe, die im berühmten "militärisch-industriellen Komplex" zusammengeschlossen sind, sind zertifiziert und mit staatlichen Garantien ausgestattet. Somit bieten sie ihren Kunden ein höchstmögliches Maß an Sicherheit bei der anstehenden Modernisierung sowjetischer Waffentechnik.
Russische Waffensysteme auf Messe im Nato-Land Polen
Das Interesse an einer engeren Kooperation zwischen Rußland und der Nato läßt sich auch an zwei anderen Beispielen aufzeigen. Die automatischen Handfeuerwaffen Kalaschnikow AK-101 und AK-102 werden von russischer Seite unter Berücksichtigung der Nato-Standards gefertigt, womit sie auch im westlichen Bündnis einsetzbar sind. Vom 2. bis 5. September stellte die russische Militär-Exportagentur Rosoboronexport auf der internationalen Messe für Verteidigungstechnik MSPO 2003 über 70 Modelle russischer Waffensysteme vor. Bemerkenswert ist der Standort der Messe im polnischen Kielce, einem heutigen Nato-Staat, womit die russische Seite eindeutig Interesse an einer stärkeren Zusammenarbeit mit Mittel- und Osteuropa bekundet.
In der Nato selbst ist auch nicht alles Gold, was glänzt. Kaum steht der neue Eurofighter den Mitgliedern der Allianz zur Verfügung reißen die Hiobsbotschaften nicht ab. Wie der Tageszeitung Die Welt am 8. September 2003 zu entnehmen war, sei der neue Wundervogel der Luftwaffe mit zahlreichen Mängeln behaftet. Objekte würden vom Zielradar nicht richtig erkannt, die Bordkanone sei nicht einsatzfähig. Laut der Prüfer des Bundesrechnungshofes, die das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen des Projektes zu bewerten haben, "weist die Entwicklung insgesamt so große Rückstände auf, daß eine sinnvolle operative Nutzung in absehbarer Zeit ausgeschlossen ist".
Das Flugzeug, von dem die Luftwaffe 180 Stück erhalten soll, sei derart mit Mängeln behaftet, daß für die ersten im Jahre 2003 auszuliefernden acht Maschinen die operationelle Freigabe nicht habe erfolgen können. Um die Mängel zu beseitigen, könnten zusätzliche Kosten in Höhe von 3,7 Milliarden Euro entstehen, die bisher kalkulierten Gesamtkosten des Eurofighter-Projektes betragen 24 Milliarden Euro. Durch diese zusätzlichen Ausgaben werde der Verteidigungshaushalt derart stark belastet, daß größere Modernisierungen in Luftwaffe und Heer bis zum Jahre 2015 kaum noch möglich seien.
Die Finanzknappheit im deutschen Verteidigungsbereich steht im krassen Gegensatz zu der Art und Weise, wie die Bundesregierung funktionierendes militärisches Gerät an andere Länder verschenkt. 23 Maschinen des russischen Jagdflugzeugs MiG-29, die mit der Wiedervereinigung von der Nationalen Volksarmee der DDR in die Luftwaffe der Bundeswehr übernommen worden waren, sollen demnächst zum symbolischen Preis von einem Euro an Nato-Neuling Polen übergeben werden.