Wie ist die Arbeitslosigkeit hierzulande dauerhaft und schnell zu bekämpfen? Jeder überbietet den anderen in der – möglichst staatlich überprüften – Umverteilung der vorhandenen Arbeit, niemand aber scheint ernsthaft ergründen zu wollen, wie möglichst viele und dauerhafte neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Dabei weiß jeder Arzt: Der wirksamen Therapie muß eine sorgfältige Diagnose vorausgehen. Nur wer die Ursache richtig erkennt, kann eine wirkungsvolle Rezeptur verordnen. Es gibt heute in Deutschland bald fünf Millionen arbeitslos gemeldete Mitbürger. Wir wissen ebenfalls, daß in den letzten zehn bis zwölf Jahren, also seit der Wiedervereinigung, circa zwei Millionen Deutsche aus der Ex-DDR vor der Arbeitslosigkeit in ihrer eigenen Heimat geflohen sind und nunmehr in der alten Bundesrepublik ihrer Arbeit nachgehen. Diese Zahl erhöht sich um eine erhebliche Anzahl von „Wirtschafts-pendlern“, die wochenweise oder täglich ihre Arbeit in Westdeutschland tun. Bei aller begründeten Freude über die Wiedervereinigung ist nüchtern festzustellen: Ohne die arbeitswilligen, arbeitsfreudigen und hochmotivierten Zuwanderer aus der Ex-DDR wäre die Arbeitslosigkeit in der alten Bundesrepublik erheblich geringer. Die staatlichen Sozialsubventionen ebenfalls. Die Lücken im Etat wären deutlich niedriger, wahrscheinlich käme der Finanzminister mit wesentlich kleineren Steuern und Abgaben seiner Bürger aus. Sachsen und Thüringen waren Kraftzentren Deutschlands Die entscheidende Frage scheint also zu sein: Wie kann schnellstmöglich und dauerhaft eine möglichst hohe Anzahl von Arbeitsplätzen in der ehemaligen DDR geschaffen werden? Gelingt dies mit staatlichen Subventionen in bestimmte Groß-Projekte, oder bedarf es flächendeckend bis in den letzten Winkel von Vorpommern und der Lausitz – also überall in Stadt und Land – neuer Arbeitgeber, die in der Lage und willens sind, Arbeitnehmer einzustellen und zu beschäftigen? Bei der Beantwortung dieser Frage helfen Geschichtskenntnisse und empirische Daten der Volkswirtschaft. – Der Mittelstand stellt etwa 75 bis 80 Prozent aller Arbeitsplätze in Deutschland, wobei er allerdings nur 60 Prozent des Bruttosozialproduktes erwirtschaftet. Dies deutet darauf hin, daß hier nicht, wie häufig bei Großbetrieben, nur der wirtschaftliche Nutzen, abfällig „Profit“ genannt, zählt, sondern daß hier die Arbeitsbedingungen in der Regel humaner, mit mehr menschlicher Nähe angefüllt werden. Dies ist verständlich, da in den Klein- und Mittelbetrieben der Chef normalerweise nicht nur die Namen der Mitarbeiter kennt, sondern häufig auch deren Familien. – Vor dem Zweiten Weltkrieg lag die Wirtschaftsleistung in Sachsen und Thüringen an der Spitze aller deutschen Länder, deutlich vor dem Ruhrgebiet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde insbesondere in den ersten Jahren nach 1945 der Mittelstand in der gesamten sowjetisch besetzten Zone landesweit enteignet und vertrieben. Ein Teil der ehemaligen Arbeitgeber nutzte seine in Generationen erworbenen Kenntnisse nach der Flucht in die West-Zonen zum Aufbau einer neuen Existenz und half später unter Adenauer und Ludwig Erhard mit, das weltweit bestaunte Wirtschaftswunder zu vollbringen: Ein anderer Teil wurde von den Kommunisten ausgegrenzt und verfolgt. – Nach der Wiedervereinigung wurde der vertriebene Mittelstand sowohl von der Regierung Kohl wie auch vom Nachfolger an der Rückkehr gehindert. Der politische und juristische Skandal der Enteignungen 1945/49 wurde zwar öffentlich hart angeprangert, aber aufgrund der sehr komplexen Zusammenhänge einerseits und der Mitschuld von Politikern aus allen Parteien andererseits, fanden sich bisher weder meinungsbildende Medien noch Politiker, denen ernsthaft an neuer Weichenstellung für die Zukunft gelegen ist. Der wirtschaftliche Schaden ist höher als der moralische Zur Erinnerung: Mit dem von Schäuble verteidigten und von Kohl vor dem Bundestag behaupteten Junktim der DDR und der UdSSR zur Wiedervereinigung – keine Rückgabe der in den Jahren 1945/49 konfiszierten Immobilien als conditio sine qua non für die Wiedervereinigung – wurden weitgehend die zum Wiederaufbau bereiten Mittelstands-Familien an der Rückkehr in die alte Heimat und gleichzeitig am Wiederaufbau alter Wirtschaftszweige gehindert. Der moralische Schaden dieses gigantischen Betrugsmanövers ist gewaltig – der wirtschaftliche Schaden ist noch größer. Was ist zu tun? Da es das behauptete Junktim niemals gegeben hat, sind die noch in Staatsbesitz befindlichen Immobilien sofort und unbürokratisch den rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben – in der Hoffnung, daß auch zwölf Jahre nach der Wiedervereinigung möglichst viele dieser Familien sich an Ort und Stelle beim Wiederaufbau engagieren, damit neue Wirtschafts-strukturen errichtet werden. Wie aber sollen diejenigen entschädigt werden, die im Sinne der Gleichberechtigung darauf pochen, auch ihre alten Häuser und Grundstücke zurückzuerhalten, obwohl diese inzwischen aufgrund höchst fragwürdigen staatlichen Handelns bereits neue Besitzer erhalten haben, und wo diese „Neuen“ auch zum Teil bereits erheblich investiert haben? Hier ist der Staat völlig eindeutig zur Entschädigung verpflichtet – nur hat er das nötige Geld nicht. Es bietet sich folgender wirtschaftlicher Königsweg an: Der Staat entschädigt diese – benachteiligten – Eigentümer mit übertragbaren und frei handelbaren Steuergutschriften in Höhe des zwanzigfachen Einheitswertes von 1935. Diese Steuergutschriften, die an jedermann verkauft werden können, sollen zu hundert Prozent valutieren, also gegen jedwede Steuerschuld aufgerechnet werden können, falls ein gleich hoher Betrag im Laufe von drei Jahren nach Gutschriftsdatum auf dem Boden der Ex-DDR investiert wird. Also: Immobilienwert 250.000 Euro, Investition innerhalb von drei Jahren 250.000 Euro Steuerschuld des Inhabers der Steuergutschrift ist gleich null. Sollte der Betrag von einem Bürger aus der ehemaligen DDR (persönlich oder einer x-beliebigen Firma) außerhalb Mitteldeutschlands investiert werden, die Resultate aber dem DDR-Bewohner zugute kommen, so ermäßigt sich die Anrechenbarkeit auf 75 Prozent. Und sollte das Guthaben nur als finanzielle Entschädigung genutzt werden, so soll es nur zu fünfzig Prozent angerechnet werden können. Mit dieser Konstruktion werden einerseits viele ehemalige Mittelstands-Familien ermutigt, sich doch noch in den neuen Bundesländern wieder zu engagieren. Andererseits wird das Interesse von wohlhabenden Firmen und Bürgern (nur diese brauchen ja die Steuergutschriften) auf Investitionsmöglichkeiten in der DDR gelenkt, so daß auch diese zum Wirtschaftsaufschwung vor Ort beitragen können. Mit dieser Hilfskonstruktion können ebenfalls kulturelle Werte im Bereich von Kirchen, Museen, alten Fabriken und Gutshäusern erhalten oder neu aufgebaut werden. Ein Wirtschaftswunder in den neuen Ländern wäre möglich Dem Einwand der Unfinanzierbarkeit ist entgegenzuhalten: – Das Unrecht, das Politik und Justiz in unheiliger Allianz in Deutschland den Betroffenen in den letzten Jahren angetan haben, wird in jedem Fall korrigiert werden müssen. Die Signale in Präzedenzfällen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (Rumänien, Bulgarien, Zypern, Griechenland) sind zu eindeutig. Auch die USA haben mit ihrer Resolution 562 ein klares Signal zur Rechtsstaatlichkeit gesetzt. Das Urteil gegen Deutschlands Fiskus ist auch deshalb höchstwahrscheinlich, weil erstmalig ausgewiesene Spitzen-Juristen (unter anderem die Professoren Karl Doehring, Heidelberg, und Theodor Schweisfurth, Frankfurt/Oder) die ehemaligen Mittelständler vertreten, während in der Vergangenheit eher namenlose Provinz-Juristen sich dieses Feld zu eigen machten (und mehr Schaden als Nutzen stifteten). – Der volkswirtschaftliche Nutzen nicht nur des Fiskus, sondern des gesamten Landes ist gewaltig. 16 Prozent der Steuergutschriften fallen bereits bei der Investition als Mehrwertsteuer sofort an den Fiskus zurück, die Lohn- und Einkommensteuern, die Körperschafts- und alle Ertragssteuern werden ungeheuer ansteigen. Im gleichen Atemzug entfallen Arbeitslosen- und Sozialhilfe für hunderttausende neue Arbeitsplätze, Krankenkassen und Rentenversicherungen werden ungeheuer entlastet. Regionen, die heute zu Deutschlands Armenhäusern zählen, werden so zur Lokomotive der tatsächlich entstehenden „blühenden Landschaften“. Der Rechtsfriede, der so lange gelitten hat, wird endlich hergestellt, neues Leben blüht aus den Ruinen, ein zweites deutsches Wirtschaftswunder ist möglich. Das einzige, was jetzt noch fehlt, sind mutige, gerecht denkende und tatkräftige Politiker, die bereit sind, endlich richtig zu handeln.
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