BERLIN. Zum mittlerweile dritten Mal hat die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) am Donnerstag in Berlin den mit 5.000 Euro dotierten Medienpreis verliehen. Nachdem er in den vergangenen Jahren den Berichterstattungen über die Menschenrechtssituation in China und in Kuba gewidmet war, galt die Ausschreibung diesmal für jene Beiträge, die sich mit den schweren Menschenrechtsverletzungen in der Islamischen Republik Iran befaßten.
Bei der unter der Schirmherrschaft von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) stehenden Preisverleihung wurde der Fernsehautor Stefan Buchen (NDR) für seinen Film „Zensur im Iran – heimliche Sat-Schüsseln“ mit dem ersten Platz ausgezeichnet. In seinem Film wird dokumentiert, wie die Iraner versuchen, die staatliche Zensur zu umgehen, etwa mit Satellitenschüsseln aus Kochtöpfen.
Laudator Gunars Reichenbachs, stellvertretender Chefredakteur der Nord-West Zeitung Oldenburg, bescheinigte ihm, „eine im besten Sinne gute Antenne zu den Leuten“ zu besitzen und durch seine Reportage zu zeigen, daß der Iran keine Gesellschaft von Mullahs sei.
Anhaltenden Revolutionszustand im Iran
Der zweite Preis ging an den Politikwissenschaftler Oliver Ernst von der Konrad-Adenauer-Stiftung für seinen Beitrag „Zwischen Konfrontation und Wandel – 30 Jahre islamische Revolution im Iran“. Darin greift er die These auf, der zufolge der Iran sich seit der Machtergreifung durch Ajatollah Khomeini in einem anhaltenden Revolutionszustand befindet und das religiöse Regime zum eigenen Überleben permanent Feinde produzieren muß.
Den dritten Platz erhielt der Journalist Martin Zöller für seinen in der Welt publizierten Beitrag „Verurteilt mit erzwungenen Geständnissen“, in dem insbesondere die Rolle des iranischen Folterchefs Javad Azadeh herausgestellt wird. Dieser ist in erster Linie für die in den Schauprozessen vorgebrachten Geständnisse verantwortlich. Allein 300 Fälle von Folter und Mißhandlungen nach den gefälschten Wahlen im Iran hatte der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen Manfred Nowak dem dortigen Regime zur Kenntnis gebracht.
Einen Sonderpreis für persischsprachige Medien erhielt der bekannte iranische Menschenrechtsjournalist Hanif Mazrooie, seit 2007 Chefredakteur der seit 2002 verbotenen Tageszeitung Norooz. Diese wird seither als Online-Magazin weitergeführt, kann aber – wegen staatlicher Internetzensur – im Iran nicht aufgerufen werden, es sei denn, man umgeht durch technische Tricks den Internetfilter des Regimes.
„Hundert Personen wurden getötet”
Mazrooie hatte nach der blutigen Niederschlagung der Proteste gegen die manipulierte Präsidentschaftswahl vom 12. Juni 2009 die geheimen und anonymen Beerdigungen mutmaßlicher Demonstranten und Folteropfer auf dem Teheraner Hauptfriedhof recherchiert und als erster öffentlich gemacht. Hundert Personen, so Mazrooies Nachforschungen, wurden während des ersten Monats nach dem Wahlausgang getötet.
Von den nach der Wahl inhaftierten Journalisten sind bis heute noch 25 im Gefängnis. Mazrooie selbst war nach der Veröffentlichung untergetaucht. Durch Unterstützung der IGFM und einer weiteren Organisation glückte ihm die Flucht aus dem Iran, er lebt jetzt in Belgien. Seiner schwangeren Frau gelang die Flucht nicht, sie lebt weiter im Iran im Untergrund.
In der sich anschließenden Pressekonferenz und dem darauf folgenden Symposium zu den Menschenrechten im Iran machte der Wirtschaftsjurist Menno Aden, Vorstand der IGFM, darauf aufmerksam, daß die Freiheit unteilbar und die sogenannten „westlichen“ Werte letztlich universelle seien. Dies impliziere, sich auch für die Menschenrechte in anderen Ländern einzusetzen. Wenn wir „mit unseren ´westlichen´ Werten ernstgenommen werden wollen“, so Aden, „dann müssen wir sie vorleben.“ >>
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Der Vorstandssprecher der IGFM, Martin Lessenthin, prangerte derweil das „Desinformations-Dreieck“ von Chávez, Castro und Ahmadinedschad an, das einen nicht zu unterschätzenden Einfluß ausübe. Deutlich geworden sei dies in den weitverbreiteten Falschmeldungen nach den Demonstrationen, wo unter anderem von Farbpistolen anstatt tödlichen Schüssen berichtet wurde.
Eine Perspektive sahen Menno Aden und andere Teilnehmer in der Schaffung einer internationalen Erfassungsstelle, die – analog zu „Salzgitter“ – alle Menschenrechtsvergehen des iranischen Regimes registrieren müsse. Allein dieser Akt könne hilfreich sein, die Machthaber in Teheran zu disziplinieren. Genauso wichtig sei es aber, einen Musterprozeß anzustrengen, beispielsweise gegen die bekannten Folterverantwortlichen des iranischen Apparats.
Da Deutschland die internationale Strafgerichtsbarkeit unterstütze, könnte ein solcher Prozeß wegen Mord oder Folter auch von einem deutschen Richter geführt werden. Um künftig noch eine stärkere Stimme zu haben, rief Aden die Gäste auf, der IGFM beizutreten.
Nach internationalen Beobachtungen ist der Iran heute eines der Länder mit den schlimmsten Menschenrechtsverletzungen. Mit in diesem Jahr schon deutlich über 300 Hinrichtungen liegt der Iran – gemessen an der Bevölkerungszahl – weltweit an der Spitze. Zusammen mit dem Sudan und Saudi-Arabien zählt er zu den Ländern mit der strengsten Scharia-Praxis. Um das Interesse an der Situation im Iran wachzuhalten, so Lessenthin, wird die IGFM auch eine Broschüre mit den wichtigsten Beiträgen veröffentlichen.