Daß eine linksextreme Punkband wie Feine Sahne Fischfilet binnen kurzer Zeit die Karriereleiter hochsteigen konnte, überrascht nur diejenigen, die sich nicht mit den Mechanismen hiesiger Unterhaltungskultur beschäftigt haben.
Medien und Unterhaltungsindustrie befinden sich in einer engen Symbiose. Die Medien machen die Gesichter der Unterhaltungsindustrie bekannt und garantieren deren Status durch fortlaufende Berichterstattung. Die Gesichter der Unterhaltungsindustrie wiederum liefern den Stoff, den die Boulevardblätter und TV-Formate zum Füllen ihrer Zeitungsspalten oder Sendeminuten benötigen.
Eine Hand wäscht also die andere. Und damit das reibungslos funktioniert, bedarf es des nötigen Schmieröls, also jenes ideologischen Überbaus, der dazu dient, den Positionen derjenigen, die „oben“ sind, die nötige Legitimation zu erteilen.
„Kampf gegen Rechts“ und vulgäres Auftreten
Hieraus erklären sich die Dissonanzen, die erlaubten Diskriminierungen oder scheinbaren „Ungerechtigkeiten“. Zum Beispiel, daß eine Musikband wie Frei.Wild, die sich vergleichsweise harmlos zu dem Begriff „Heimat“ bekennt, massiv in den Medien attackiert wird, während eine andere Band, die Deutschland als „Dreck“ bezeichnet, Lob von einem sozialdemokratischen Bundesjustizminister erhält.
Vor etwa zehn Jahren gründeten fünf Schüler aus Mecklenburg-Vorpommern die Punkband Feine Sahne Fischfilet. Entscheidend für ihren Aufstieg war die Positionierung im „Kampf gegen Rechts“. Das vulgäre Auftreten der Band inklusive des beliebten Zeigens des gestreckten Mittelfingers dürfte damit zu tun haben, daß sich einzelne ihrer Musiker zuvor in der Rostocker Szene der Ultra-Fußballfans engagierten. Gemeinhin findet ja gerade in den letzten Jahren in der Ultra-Szene eine Politisierung im „antifaschistischen“ Sinne statt. Aus dieser Zeit in den Fußballstadien dürfte auch das platte Pathos in den Lied- und Albumtiteln stammen, beispielsweise „Wut im Bauch. Trauer im Herzen“.
Musikalisch vertreten Feine Sahne Fischfilet ohnehin keinen klassischen Punk, sondern jene mit Rockgitarren aufgemotzten schlichten Sauf- und Mitgröl-Lieder, die auch die Toten Hosen einst als Erfolgsrezept bei einer ausreichenden Zahl von bierseligen Konsumenten entdeckten. Einfluß soll auch durch das sich als „linksradikales Kollektiv“ bezeichnende Musikprojekt „Früchte des Zorns“ bestanden haben, das unter anderem in der Hamburger „Roten Flora“ aufgetreten ist.
„Antifaschismus ist für uns keine hohle Phrase“
Das schlichte zweidimensionale Weltbild des Spät-Antifaschismus findet sich bei Feine Sahne Fischfilet in der plakativen Selbstdarstellung wieder: „Das, was wir machen, ist keine Kunst! Das, was wir machen, ist nicht für die Galerie, nicht für die Glasvitrine. Das, was wir machen, soll eine Art Werkzeug sein, um unserer Wut gegenüber Rassisten, Sexisten, Homophobie und Staat eine Stimme zu geben!“ Und weiter: „Antifaschismus ist für uns keine hohle Phrase. Es ist uns bewußt, daß die Neonazis, egal wie modern und bürgernah sie sich geben, barbarisch und menschenverachtend bleiben. Dem gilt es entgegenzuwirken!“
Zum Wahlerfolg der AfD in Mecklenburg-Vorpommern äußerte Frontmann Jan Gorkow: „Die Nazis gab es hier schon immer. Nur früher waren das die Glatzen vorm Schulhof, heute sitzen sie im Anzug im Landtag.“
Über Polizisten sang die Band: „Wir stellen unseren eigenen Trupp zusammen und schicken den Mob dann auf euch rauf. Die Bullenhelme – sie sollen fliegen. Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein und danach schicken wir euch nach Bayern, denn die Ostsee soll frei von Bullen sein.“ Deutschland wurde folgendermaßen besungen: „Deutschland ist scheiße – Deutschland ist Dreck! Gib mir ein ‘like’ gegen Deutschland! (…) Deutschland verrecke, das wäre wunderbar!“
Im Verfassungsschutzbericht ausführlich behandelt
Im Verfassungsschutzbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern wurde die Band in der Kategorie „Linksextremismus“ ausführlich behandelt. Begründung: Die Gruppe sei „gewaltbefürwortend“, einzelne Mitglieder sogar „gewaltbereit“. Die Band konterte und bezeichnete die Verfassungsschutz-Mitarbeiter als „Naziunterstützerbande“. Eine als „linksextrem“ bewertete Ausrichtung ist bei „antifaschistischem“ Bekenntnis allerdings ohnehin gefahrlos im gegenwärtigen Medienbetrieb und der Popindustrie. Im Gegenteil, die Türen stehen sperrangelweit offen. So konnte Feine Sahne Fischfilet recht problemlos auf großen Bühnen Konzerte geben, unter anderem bei den Festivals „Rock am Ring“ oder „Rock im Park“.
Die sechs Musiker, die bis vor kurzer Zeit vor allem in Jugendzentren auftraten, füllen mittlerweile ausverkaufte Konzerthallen. Der damalige SPD-Justizminister Heiko Maas twitterte 2016 zu einem Konzert der Band „gegen Rechts“ in Anklam: „Tolles Zeichen gegen Fremdenhaß und Rassismus. Danke.“ Aber auch beim linken Stadtjugendpfarrer von Jena, Lothar König, spielten sie unlängst.
Prominente Präsenz in Presse und Fernsehen
Einer der Unterstützer in den Medien ist der beim „Tagesschau“-„Faktenfinder“ arbeitende Journalist Patrick Gensing, der mehrfach werbende Bilder der Band verbreitete. Aber auch in anderen Medien werden die Haßparolen von Feine Sahne Fischfilet regelmäßig verschwiegen, beschönigt und verklärt. Große Zeitungen und Magazine wie die Franfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die Süddeutsche oder der Stern berichten gern und ausführlich. Frontmann Jan Gorkow konnte sich sogar in der „Tagesschau“ präsentieren. 2017 erhielt die Combo bei der Verleihung des „Preises der Popkultur“ im Berliner Tempodrom den ersten Preis in der Kategorie „Spannendste Idee/Kampagne“.
Nun hat der ebenfalls aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Schauspieler Charly Hübner Feine Sahne Fischfilet seinen ersten als Regisseur gedrehten Dokumentarfilm „Wilde Herzen“ gewidmet, der auf dem Festival „Dok Leipzig“ unter anderem den Defa-Förderpreis, den Preis des Goethe-Instituts und den ver.di-Preis gewann. Der Streifen, der diesen Donnerstag in den Kinos anläuft, wird den Bekanntheitsgrad der Band also noch einmal steigern.
JF 16/18