BERLIN. Der deutsche Historiker und Sklavereiforscher Michael Zeuske hat die Umbennenung der Berliner Mohrenstraße in die Anton-Wilhelm-Amo-Straße (JF berichtete) kommentiert. Demnach belegen Dokumente aus dem niederländischen Nationalarchiv, daß Amo kein Sklave war, sondern „zur Elite einer politischen Gemeinschaft“ gehörte, die Sklaven hielt und Kriegsgefangene sowie Sklaven an die verbündeten Niederländer lieferte und verkaufte, wie Zeuske der Berliner Zeitung erklärte.
Dies widerspricht der bisherigen Darstellung, daß Amo, der als erster schwarzer Akademiker in Europa gilt, als „Junge im heutigen Ghana versklavt“ und später als „menschliches Geschenk“ der Westindischen Kompanie an den Hof des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel übergeben worden sei.
Laut Zeuske wurde Amo 1706 von seiner Familie nach Europa geschickt und dabei von Christian Bodell, einem Sergeanten der holländischen Westindischen Kompanie aus Sachsen, begleitet worden. „Eine hochrangige Begleitung für einen hochrangigen Jungen“, so Zeuske. Ein Dokument des Original-Vertrages, den Amo selbst unterschrieben habe, belege seinen Elitestatus, fügte der Historiker hinzu.
„Das war damals absolut normal in afrikanischen Gesellschaften“
Auf die Frage, ob Amo für seine Herkunft verantwortlich gemacht werden könne, erklärte Zeuske, daß er „absolut nichts“ für seine Herkunft könne. Er betonte, daß Amo selbst nicht am Sklavenhandel beteiligt gewesen sei. „Er hat höchstens in einem Haus, einem Palast oder einem Dorf gelebt, in dem Sklaven gehalten wurden. Das war damals absolut normal in afrikanischen Gesellschaften.“
Das Berliner Straßengesetz verbietet es jedoch, Straßen nach Personen, Orten oder Ereignissen zu benennen, die mit Kolonialismus oder Sklaverei in Verbindung stehen. Zeuske fordert, daß die Verantwortlichen „überlegen, was sie falsch gemacht haben“. Die Stadtverordnetenversammlung von Berlin-Mitte hatte im August 2020 mit einer grün-roten Mehrheit die Umbenennung der Mohrenstraße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße beschlossen. (lb)