Beim Obatzden hört in Bayern der Spaß auf. Die Käsespezialität aus Camembert gehört zwischen Alpen und Main genauso zu einem Biergartenbesuch wie eine kühle Maß. Nun aber droht den bayerischen Wirten Ungemach aus Brüssel. Seit 2015 ist die Spezialität dort als geschützte Produktbezeichnung mit klar definierten Inhaltstoffen eingetragen. Zum Beispiel muß seitdem mindestens 40 Prozent Weichkäse enthalten sein.
Schon bald müssen sich daher Gasthäuser, die das Produkt unter seinem traditionellen Namen anbieten, auf Kontrollen einstellen. Das kostet. Bis zu 300 Euro könnten allein deswegen an Mehrkosten auf die Wirte hinzukommen, schätzt der Pächter des Weihenstephaner Bräustüberl, Thierry Willems, laut dem Bayerischen Rundfunk.
Die Franken sind fein raus
Zu viel für kleine Gasthäuser, die ohnehin oft schon ums Überleben kämpfen – unsinnigen Arbeitszeit- und Hygienevorschriften sei Dank. Ansonsten bliebe den Gaststätten nur noch die Möglichkeit, die Spezialität entweder von der Speisekarte zu nehmen oder sie unter anderem Namen anzubieten.
Für fränkische Wirte besteht kein Grund zur Aufregung. In Franken heißt der Obatzden traditionell ohnehin anders: Zwischen Rhön und Frankenwald kennt man den Käse nur als Grupfden.
Der Protest gegen den „deppaden“ Brüsseler Amtsschimmel ist so auch südlich der Donau deutlich lauter als in fränkischen Landen. Dennoch ist Brüssel der falsche Adressat des Unmuts. Die Vereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft hat mit tatkräftiger Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung erst die deutschlandweite Patentierung des „bayerischen Obatzden“ vorangetrieben und, als dies nach der Klage eines Milchbauern aus Baden-Württemberg scheiterte, den Umweg über die EU-Kommission genommen.
Keine Traditionsbewahrung, sondern Lobbyismus
Bleibt noch die Frage: Warum müssen bayerische Traditionsprodukte, die über Jahrhunderte die Gaumen hungriger Gamsbartträger erfreut haben, eigentlich geschützt werden? Oder sind es nicht eher handfeste Geschäftsinteressen, die da unter dem Vorwand von Traditionsbewahrung von EU-Bürokraten auf Zuruf einheimischer Lobbyisten Schutzstatus erhalten? „Mia san mia“ geht anders.