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Gender an der Universität Leipzig: Heute lächerlich, morgen normal

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Gender an der Universität Leipzig
 

Heute lächerlich, morgen normal

Die Universität Leipzig will ganz offiziell nicht mehr von ihren Professoren, Dozenten und Studenten sprechen. Künftig soll ausschließlich von Professorinnen, Dozentinnen und so weiter die Rede sein. Doch warum auf halber Strecke stehen bleiben? Da geht doch noch mehr!
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Umgekehrte Geschlechterzeichen: Ein Grund zornig zu sein Foto: Thommy Weiss/www.pixelio.de

Die Universität Leipzig will ganz offiziell nicht mehr von ihren Professoren, Dozenten und Studenten sprechen. Künftig soll ausschließlich – damit sprachlich sich diskriminiert fühlende Frauen nicht mehr nur „mitgemeint“ sind – von Professorinnen, Dozentinnen und so weiter die Rede sein.

Ohne das in notorisch schlechtem Ruf stehende Binnen-I („DoktorandIn“), ohne die gleichfalls unbeliebten Varianten mit Schräg- oder Unterstrich („Studenten/innen, Absolvent_in“), ohne Doppelnennung („Kommilitonen und Kommilitoninnen“).

Das generische Maskulinum, bei dem das Geschlecht der Personen irrelevant ist und das sich selbstredend auf männliche wie weibliche Personen bezieht („Akademikerverband“), hat an der Leipziger Alma mater ausgedient. Nun also: das generische Femininum! Davon träumt die kleine Agitationseinheit der feministischen Linguistinnen seit über dreißig Jahren: Männer sind herzlich eingeladen, sich bei den „Akademikerinnen“ mitgemeint zu fühlen. Motto: Jetzt können die Herren der Schöpfung mal sehen, wie sich das anfühlt!

Von Hausmeistern und Hausmeisterinnen

Dieser Vorstoß des Senats der Leipziger Universität könnte auf dreierlei Art bewertet werden: Erstens, die harmlose Variante, als Marginalie. Niemand wird in Leipzig demnächst als „Herr Professorin“ angeredet werden. Die Sprachregelung betrifft allein die neugefaßte Grundordnung der Uni. Nicht mal im offiziellen Schriftverkehr wird der Doktor in spe als „Doktorandin“ angeredet werden. Also eine Lappalie, eine engbegrenzte Formalität, an der das Abendland abermals nicht scheitern wird.

Zweite Variante der Interpretation: Hier wird etwas medial aufgebauscht, das in der Tendenz schon lange gang und gäbe ist. Seit Jahren ist es strikt gesetzlich nicht gestattet, per Stellenausschreibung schlicht einen „Hausmeister“ zu suchen. Es hat entweder „Hausmeister/in“ zu heißen oder „Hausmeister m/w“, das gebietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Zuwiderhandlungen können Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Seit 2001, so will es das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (fehlt da nicht jemand – vielleicht die Männer?) muß dienstlicher Schriftverkehr „geschlechtergerecht“ formuliert sein, das generische Maskulinum gilt als „nicht akzeptabel“.

Vom generischen Femininum, das nun die Uni Leipzig als Musterformel gewählt hat, war bislang zwar noch keine Rede. Das eigentlich unmißverständliche Wort „Studentensekretariat“ ist aber allerorten zugunsten des geschlechtsneutralen „Studierendensekretariats“ abgeschafft. Selbst bürgerliche Zeitungen sprechen längst – grammatische Verknotungen elegant umschiffend – von „Augenärzten, Krebsspezialistinnen, Gynäkologen und Orthopädinnen“, wenn Mediziner gemeint sind.

Sukzessive Implementierung eines „Neusprech“

Auch die jüngst erneuerte Straßenverkehrsordnung ist gegendert: Hier kennt man keine Radfahrer mehr, sondern Rad Fahrende, keine Fahrzeugführer, sondern Fahrzeugführende. Insofern wäre der gefühlte Vorstoß aus Leipzig nur ein Rädchen im Getriebe, das Recht und Gesetz nicht weiter beeinträchtigt. (Eine Verkehrsünderinnenkartei existiert übrigens nicht.)

Dritte und pessimistischste Lesart des Professorinnen-Intermezzos: Mittels all dieser genderpolitischen Sprachregelungen wird sukzessive ein „Neusprech“ implementiert, den Georg Orwell in seinem dystopischen Roman „1984“ als Herrschaftsinstrument einführte. In Orwells berüchtigtem Horrorszenario aus dem Jahre 1949 ist es das Ziel der manipulativen Sprachpolitik, die Kommunikation der Bevölkerung in kontrollierte Bahnen zu lenken, um „Gedankenverbrechen“, die den Regierungszielen abträglich wären, unmöglich zu machen. In „1984“ wird davon ausgegangen, daß der „Neusprech“ und seine Implikationen (etwa in Gestalt des „Gutdenkers“, der widerstandslos den Maßgaben der Herrschenden folgt) im Jahr 2050 vollständig etabliert sein werde.

Diese Orwellsche Variante klingt plausibel. Noch ist das Echo auf den Leipziger Vorstoß relativ einhellig (während der Unmut über die Straßenverkehrsordnung oder die gegenderte österreichische Bundeshymne längst verklungen ist). Eine deutliche Mehrheit, selbst einzelne Fakultäten der Uni (namentlich die juristische), schüttelt den Kopf über diese betonierte Sprachregelung. Sogar im Forum der feministischen Emma wird das „innen“-Getue überwiegend als „Schwachsinn“ oder als „lächerlicher Unfug“ bewertet.

Feministischer Kontrollfuror

Der Kommentar der Berliner Zeitung allerdings weist die Richtung: „Gewöhnungsbedürftig ist es schon, wenn man plötzlich von Professorin redet und damit einen Mann meint. Was aber nicht von vornherein gegen eine solche Entscheidung spricht. Neues ist ja am Anfang immer ungewohnt.“

So ist es! Heute ungewohnt und „komisch“, morgen die Normalität, übermorgen nicht wegzudenken. In seinem gerade erschienenen Buch „Frau ohne Welt“ hat sich Bernhard Lassahn eingehend mit dem feministischen Sprachkontrollfuror beschäftigt: „Die Unmöglichkeit, in sich schlüssige, neue Regeln einzuführen, verstärkt die Machtposition der Frau. Nun darf sie willkürlich entscheiden. Die offensichtliche Undurchführbarkeit der Vorschrift ist für sie kein Gegenargument.“

Und darum geht es: um Machtstrukturen und Bekenntniszwänge. Wer übermorgen noch von „Professoren“ spricht und damit männliche wie weibliche Personen anzusprechen vorgibt, den wird man ewiggestrig und unbelehrbar nennen.

Sprachpolizistinnen, probt den Aufstand!

Es gibt, nebenbei, keine weibliche Analogie zum Begriff des „lila Pudels“. Als „lila Pudel“ gilt unter Feminismuskritikern ein Mann, der feministische Anliegen hochengagiert zu seiner Sache macht. Als Frau wiederum ginge man instinktiv ja gern solidarisch mit Anliegen „der Frauen“. Dies aber ist seit etwa vierzig Jahren, seit der sogenannten zweiten Frauenbewegung, und spätestens durch den heute rotierenden „Third Wave Feminism“ unmöglich geworden. Ein Grund, zornig zu sein!

Apropos Zorn, ha! Das wäre die nächste Stufe: Warum eigentlich der Zorn, der Wille, der Sieg und demgegenüber die Bescheidenheit, die Anmut und die Schönheit? Werden hiermit nicht auch Geschlechterstereotypen verstärkt? Sprachpolizistinnen, probt die Aufstand!

JF 25/13

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