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Einigkeit der vielen

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Daß die Fasces lange vor dem Auftreten des Faschismus Bedeutung für die politische Emblematik Europas gewannen, hängt damit zusammen, daß sie zu einem Symbol-Cluster gehören, der durch die Wiederbelebung antiker Motive seit dem Zeitalter des Humanismus entstand. Neben den Fasces spielte vor allem die Phrygische Mütze eine Rolle, und kombiniert traten beide in der Amerikanischen wie in der Französischen Revolution auf. Dabei standen die Fasces nicht nur als Symbol der vollziehenden Gewalt, früh spielte auch der Gedanke eine Rolle, daß das Rutenbündel die Einigkeit der vielen in der neuen Nation zum Ausdruck bringen könne.

In den USA enthält das Siegel des Senats deshalb bis heute zwei gekreuzte Fasces, ein Motiv, das bis ins 18. Jahrhundert zurückzuverfolgen ist. Relativ häufig war lange Zeit auch die Kombination von Adler und Fasces; eine Allegorie, die aber allmählich außer Gebrauch kam.

Dagegen wurde die Rückseite der 1919 gestiftete Victory Medal, die Teilnehmer am Ersten Weltkrieg erhielten, ebenso mit den Fasces versehen wie eine außerordentlich verbreitete 10-Cent-Münze, der zwischen 1916 und 1945 geprägte Mercury-Dime. Auf der Münze im Wert von einem halben Dollar, die 1938 aus Anlaß des siebzigsten Jahrestags der Schlacht von Gettysburg geprägt wurde, sah man Fasces sogar mit einer Doppelaxt zwischen Wappenschilden, darauf die Fahnenbilder des Sternenbanners und der Konföderationsflagge. Gegeneinandergestellte Fasces (in Gelb auf Grün) bildeten schließlich noch das Ärmel­abzeichen der 18. Militärpolizeibrigade, die die US-Regierung 1966 für den Einsatz in Vietnam aufstellte.

In Nordamerika wurde anfangs großer Wert auf die Kombination von Fasces und Phrygischer Mütze gelegt, um den freiheitlichen Charakter des neuen Staates deutlich zu machen. Ähnlich verhielt es sich in Frankreich, wo ein von der Phrygischen Mütze bedeckter Spieß in der Mitte der Fasces nach 1792 auf vielen Armeefahnen zu sehen war; außerdem fanden sich die Fasces noch kombiniert mit der eigentlich üblichen Axt, mehreren Spießen oder der „Hand der Gerechtigkeit“, eigentlich einem Symbol der Gerichtsmacht der Könige. Die Allegorie der Freiheit wurde regelmäßig als junge Frau dargestellt, die einen Stab oder Spieß mit der Phrygischen Mütze in der einen, die Fasces in der anderen Hand hielt. Die Mitglieder des Revolutionstribunals, die für die Aburteilung von Konterrevolutionären zuständig waren, trugen zwischen 1792 und 1795 ein Halsband in den Farben der Trikolore, an dem Fasces in Miniaturform angebracht waren.

Mit den Revolutionsheeren verbreitete sich das Symbol auch außerhalb Frankreichs, so in den Tochterrepubliken, die in Italien und in der Schweiz gegründet wurden; der Kanton St. Gallen zeigt deshalb bis in die Gegenwart silberne Fasces auf grünem Grund.

Unter der Herrschaft Napoleons trat der Gebrauch der Fasces zurück, in der Zeit der Restauration verschwanden sie als politisches Symbol völlig. Aber für das Siegel der Zweiten Republik, das bis heute benutzt wird, legte ein Gesetz vom 8. September 1848 fest, daß in dessen Mittelpunkt eine Figur der Freiheit zu sehen sein müsse, die die Fasces in ihrer rechten Hand halte.

Dieses emblematische Muster hat für Frankreich bis in die Gegenwart eine Art Ersatzfunktion für das fehlende Staatswappen. Am 3. Juni 1953 legte das Außenministerium jedenfalls fest, daß Frankreich als Hoheitszeichen einen ovalen Schild verwende, umgeben von der Kette des Großmeisters der Ehrenlegion, darauf die Fasces vor Lorbeer- und Eichenzweigen, belegt mit einem Schriftband, das die Worte „Liberté – Egalité – Fraternité“ zeigt. Ein ähnliches Emblem aus Fasces, den Zweigen und der Buchstabenkombination RF für République Française findet sich auf dem neuen EU-Paß französischer Bürger.

Aus der klassizistischen Tradition erklärt sich der Gebrauch der Fasces auch außerhalb derjenigen Länder, die direkt (verschiedene ehemalige französische Kolonien, aber auch die frühe Sowjetunion) oder indirekt (mehrere lateinamerikanische Länder) durch das amerikanische oder französische Vorbild beeinflußt wurden. So fanden sich Fasces als allegorisches Motiv an preußischen Verwaltungsgebäuden des 18. und 19. Jahrhunderts, außerdem noch heute Embleme unter Verwendung von Fasces bei der schwedischen und norwegischen Polizei.

Foto: Hoheitszeichen Frankreichs: Klassizistisch

Die JF-Serie „Politische Zeichenlehre“ des Historikers Karlheinz Weißmann wird in zwei Wochen fortgesetzt.

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