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Wenn die Lizenz ausläuft

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Jeder Schauspieler, der jemals James Bond verkörpert hat, braucht Jahre, wenn nicht den Rest seiner Leinwandkarriere, um das Image des geschniegelten Gentleman mit der Lizenz zum Töten wieder loszuwerden. In Richard Shepards unterhaltsamer Thriller-Parodie „Mord und Margaritas“ versucht Pierce Brosnan es gar nicht erst abzuschütteln, sondern gibt die beste Darbietung seiner Laufbahn als abgewrackter Anti-Bond: ein angegrauter, trinkfester Auftragskiller mit einem Faible fürs Sprücheklopfen und einem Mundwerk wie eine Kloake. Diesem „Vermittler von Todesfällen“, wie der schmierige Julian Noble sich im Jargon der Dienstleistungsgesellschaft bezeichnet, läuft der sanftmütige Geschäftsmann Danny Wright (Greg Kinnear) eines Nachts in einer Hotelbar in Mexiko-Stadt über den Weg. Danny ist glücklich mit seiner Highschool-Liebe Bean (Hope Davis in einer wunderbar untertriebenen Rolle) verheiratet, doch ansonsten ist sein Leben eine nicht abreißen wollende Pechsträhne: Schlimm genug, daß er um seinen Sohn trauert, steckt auch seine Firma in finanziellen Schwierigkeiten. Julian seinerseits ist ein einsamer Typ kurz vor der Midlife-Krise. Die langen Jahre als Handelsreisender in Sachen Mord fordern ihren Tribut, und auch das Gewissen beginnt so langsam zu zwicken. Die beiden geben ein seltsames Paar ab, schließen beim Margarita-Schlürfen aber bald Bruderschaft. Als Julian Danny zu einem Stierkampf einlädt, nimmt er freudig an. Während dieser gelungen umgesetzten Szene beichtet Julian seinem neuen Freund, womit er seine Brötchen verdient, und weiht den skeptischen, aber durchaus faszinierten Danny in die Geheimnisse seines Gewerbes ein. Ein paar Tage später kann Danny sein Geschäft abschließen und nach Denver in die Arme seiner Frau zurückkehren, der er längst nicht alles erzählt, was er erlebt hat. Sechs Monate vergehen, Dannys mexikanisches Abenteuer erscheint ihm wie ein Traum – bis Julian eines Nachts in der Tür steht und den „einzigen Freund, den ich in dieser Welt habe“, um Hilfe anfleht. Nach einer amüsanten Szene, in der ein sichtlich aufgewühlter Julian der neugierigen Bean vorgestellt wird und sich überreden läßt, ihr seine Waffe zu zeigen, erfährt das Paar, welchen Ärger es sich gerade ins Haus geladen hat: Weil Julians angeschlagene Nerven während eines Auftrags versagten, möchten seine Arbeitgeber ihn entsorgen. Schließlich hat seinesgleichen, wie Julian trocken feststellt, keinen Anspruch auf betriebliche Rentenvorsorge. Shepard, aus dessen Feder auch das Drehbuch stammt, hat mit seinem Kameramann David Tattersal und dem neuseeländischen Set-Designer Robert Pearson einen äußerst stilisierten Film produziert. Die üppige Palette kräftiger Farben, mit deren Hilfe die Tropen-Metropole auf der Leinwand lebendig wird, erinnert an die glitzernde Costa del Sol in Jonathan Glazers „Sexy Beast“ (2000). Beide Filme arbeiten mit abgerundeten Figuren statt mit atemberaubenden Action-Sequenzen, um das Publikum in ihren Bann zu ziehen: hier die aggressive Beziehung zwischen Ray Winstone als Panzerknacker im Ruhestand und Ben Kingsley als zynischem Psychopathen, dort die anrührende, humorvoll geschilderte Symbiose zwischen Julian und Danny. Wie Kinnears umgänglicher „Hallo, Herr Kaiser“ mehr und mehr hinter einer dunkleren Seite seiner Persönlichkeit verschwindet, ist geradezu erfrischend anzusehen. Im Gegenzug erweist sich der abgebrühte Profikiller als wahres Heimchen, der sich nichts sehnlicher wünscht als ein neues Leben als Spießer. Keine andere Szene reicht jedoch an den Anblick heran, den Brosnan bietet, wie er in Badehose und Cowboystiefeln durchs Foyer des Nobelhotels stolziert und zu den wüsten Klängen der Cramps ein Bier in sich hineinkippt: „Garbage Man“, wie er leibt und lebt! Schade, daß Shepard dieses Flair nicht bis zum so gar nicht bitteren Ende durchhält, sondern der eigenen Unerfahrenheit zum Opfer fällt. Wenn Julian unter Halluzinationen leidet, verliert nicht nur er die Nerven, sondern der Film seinen Schwung, und der sentimentale Schluß enttäuscht alle Zuschauererwartungen bloß, statt sie bravourös auf die Schippe zu nehmen, wie es dieser schrillen Komödie gebührte. Halb so schlimm, möchte man sagen, angesichts des sprühenden Witzes, der die Funken zwischen den beiden Hauptdarstellern fliegen läßt. Auch die Nebenrollen sind brillant besetzt, allen voran Davis und Philip Baker Hall als Brosnans Arbeitgeber, und der ausgefallene Soundtrack sorgt vollends für gute Laune. Alles in allem ist „Mord und Margaritas“ den meisten Krimi-Komödien der jüngsten Zeit um Längen voraus. Foto: Julian Noble (Pierce Brosnan): Sehnlichst wünscht er sich ein neues Leben als Spießer

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