Eine Leere im Gehirn“ der Politiker diagnostiziert Klaus Liebrenz. Hat er mehr zu bieten? Diese bizarre Science-Fiction-Story spielt in den Jahren 2010 bis 2012. Dem Kapitalismus wird ein „dramatischer Abtritt für immer“ prognostiziert. Gewiß ist es verdienstvoll, die heutige Wirtschaftsordnung zu kritisieren. Jedoch hat Liebrenz seine Chance kläglich vertan; ernsthaft fordert er die Rückkehr zum Stalinismus. 1989/91 fand eine „erfolgreiche Konterrevolution“ statt. Das Kapital eroberte die Macht zurück. Deutschland stecke fest „in der Hand der Monopolbourgeoisie“. Der Sozialismus, eine „gute Idee“, wurde nur schlecht ausgeführt. Persönliche Defizite der hohen Funktionäre trügen die Schuld am Untergang des Ostblocks. Der Fehler bestand nicht darin, daß die Bürokraten keine Demokratie erlaubt hätten. Im Gegenteil fehlte ihnen die „nötige diktatorische Härte und Konsequenz“! Nur „flexibler“ hätten sie herrschen und nicht jeden Intellektuellen verfolgen müssen. Besser wäre es gewesen, Kritiker wie Hofnarren zu tolerieren. Der neue Sozialismus sei nicht nur „im Krebsgang“ zu erreichen. Schon jetzt planen revolutionäre Tüftler, die Konten der Kapitalisten leerzufegen. Stehen demnächst kommunistische Computerviren ins Haus? Liebrenz beunruhigt es nicht, daß kaum jemand den Sowjetkommunismus erneuern wolle, glaubt doch der leninistisch versierte Autor, daß nur Eliten große Umwälzungen herbeiführen. Die „strohdumme Masse“ will Liebrenz wie unmündige „Kinder“ beaufsichtigen. „Man muß doch sachlich feststellen“, sagt Lenin in einem fiktiven Gespräch, „daß die sozialistischen Staaten viel zuwenig Diktatur und viel zuviel Freiheit für ihre Gegner praktiziert haben“. Ungeniert rechtfertigt Liebrenz stalinistische Verbrechen und bejaht auch die Niederschlagung der Volksaufstände in Ungarn und der DDR. Schade, daß die Stasi nicht härter durchgriff und die Mauer rettete. Klaus Liebrenz: Im Krebsgang in die Zukunft. Ingo Koch Verlag, Rostock 2005, broschiert, 417 Seiten, 22 Euro
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