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Vordenker der Einheit

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Er ist anerkannter Experte für Internationales Wirtschafts- und Völkerrecht, lehrte als Professor an Universitäten in Deutschland und Rußland. Er hat rund ein Dutzend aufregender politischer Bücher und renommierter juristischer Untersuchungen geschrieben. Er hat – wie er mit seinem spöttischen Lächeln sagt – „von Adenauer über Honecker und Kohl bis Putin“ handelnde Politiker in Ost und West kennengelernt und einige von ihnen auch beraten. Über Putin hat er eine Biographie geschrieben. Er hat – vom Spiegel bis zur JUNGEN FREIHEIT – Hunderte von Artikeln veröffentlicht, und er will mit dem Schreiben nicht aufhören. Realistisch, nüchtern und alles andere als eine „Diva“ hatte und hat er keinerlei politische Berührungsängste. Am kommenden Sonntag nun wird Wolfgang Seiffert achtzig. Gerade erst hat er im Ares-Verlag, Graz, unter dem Titel „Selbstbestimmt“ seine Erinnerungen an – so der Untertitel – „ein Leben im Spannungsfeld von geteiltem Deutschland und russischer Politik“ veröffentlicht. Und wenn man hört, wie er jüngst noch bei Studentenverbindungen aufgetreten ist, dann weiß man, daß er noch lange nicht daran denkt, sich „zur Ruhe zu setzen“. Es unterstreicht seinen Rang als Wissenschaftler und Publizist, daß die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel anläßlich seines Geburtstags eine Festveranstaltung ausrichtet, in deren Laudatorenliste sich Namen finden, die man aus dem Prozeß der Gestaltung der deutsch-russischen Beziehungen, aus der wissenschaftlichen Befassung mit der Geschichte der deutschen Wiedervereinigung oder der Erhellung tabuisierter zeitgeschichtlicher Themen kennt – unter anderem die Professoren Tilman Mayer (Bonn) und Wjatsches-law Daschitschew (Moskau), sowie der Spiegel-Journalist Frithjof Meyer. Geboren am 18. Juni 1926 im niederschlesischen Breslau, das damals unter den Großstädten Deutschlands den sechsten Rang einnahm, erlebte er den wechselvollen Verlauf der deutschen Geschichte hautnah. Die ersten politischen Eindrücke waren der Untergang Weimars und die Machtergreifung Hitlers. Die hitlerkritischen Eltern bemühten sich, ihn duch eine bewußt gewählte katholische Schulerziehung inklusive Ministrantenausbildung gegen den Zeitgeist zu imprägnieren, doch vom Gemeinschaftserlebnis bei der Hitlerjugend blieb er nicht unbeeindruckt. 1944 wurde er Kriegsfreiwilliger bei der Marine, sollte Marinenachrichtenoffizier werden, doch die Kriegslage verschlug ihn sehr bald zur kämpfenden Truppe und riß ihn in den Strudel des deutschen Zusammenbruchs. Im April 1945 geriet er in russische Gefangenschaft. Sie verlief für ihn glimpflicher als üblich – und sie stellte sein ganzes weiteres Leben in das Spannungsfeld zwischen Deutschen und Russen. Wie in kaum einer anderen zeitgenössischen Biographie spiegelt sich in Seifferts Leben seither das Hin- und Hergeworfensein eines in nationalen Kategorien denkenden Intellektuellen zwischen Ost und West. Als Kriegsgefangener leistete er drei Jahre Zwangsarbeit in Fabriken, lernte „den russischen Menschen“ kennen – und lernte Russisch. Als „Kursant“ einer Antifaschule begegnete er Vertretern des Nationalkomitees Freies Deutschland und zahlreichen Kommunisten, die er später als Funktionäre in der DDR wiedertraf. Schnell wurde ihm klar, daß der Kurs der Auswahl politischer Kader diente, durch deren Einsatz Rußland den politischen Wiederaufbau Deutschlands (damals war noch ganz Deutschland gemeint!) in seinem Sinne beeinflussen wollte. Die Jubelfeiern im stalinistisch-byzantinischen Stil, an denen Seiffert am Gründungstag der DDR im Oktober 1949 noch als Kriegsgefangener teilnehmen mußte, gelten ihm bis heute als „ein Vorzeichen“ für seinen „späteren Streit mit der DDR“. Ende 1949 wurde er entlassen. „Nach Hause“ konnte er nicht mehr, denn Breslau hatten die Sieger inzwischen den Polen zugeschanzt. Er kam nach Westdeutschland und wurde Anfang der fünfziger Jahre für die kommunistisch gesteuerte Freie Deutsche Jugend tätig. Das brachte ihm eine Gefängnisstrafe ein. Aus dem Strafvollzug floh er in die DDR. An der Berliner Humboldt-Universität studierte er Jura und machte rasch Karriere als Jurist. Für ihn war aber von Anfang an klar, daß der „Arbeiter- und Bauernstaat“ ein Interim bleiben sollte, er übernahm eine Gastprofessur in der Bundesrepublik und setzte seine Übersiedlung nach Westdeutschland durch. In seiner Einschätzung der DDR und der deutschen Teilung als Provisorium sollte Seiffert recht behalten. Unbeirrt hielt er am Ziel der deutschen Einheit fest und wurde zu einem ihrer profiliertesten Vordenker – in einer Zeit, in der sämtliche Politiker „von Kohl bis Schröder, von Lambsdorff bis Lafontaine wenn nicht überhaupt Gegner der deutschen Wiedervereinigung, so doch nicht ihre Vorkämpfer waren“. Es erregte Aufsehen, daß er sich 1982 mit einem Beitrag über „Die SED und die deutsche Frage“ mit Wolfgang Venohr, Hellmut Diwald, Peter Brandt und Harald Rüddenklau an dem (bei Lübbe erschienenen) publizistischen Eisbrecher „Die deutsche Einheit kommt bestimmt!“ beteiligte. Damals habe ich als Verlagschef von Lübbe Wolfgang Seiffert kennengelernt, und seither weiß ich seine präzise Analyse, sein unbestechliches Erkennen und sein engagiertes Eintreten für Deutschlands Einheit zu schätzen.

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