Zum einundsechzigsten Mal jährte sich die Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen durch die Rote Armee. Wie jedes Jahr erschienen zahlreiche Funktionäre der Opferverbände und Politiker aller Couleur. Aufhorchen ließ allerdings, daß Panzergeneral a.D. und CDU-Politiker Jörg Schönbohm in seiner Festansprache – entgegen dem sonst üblichen Protokoll – nicht nur der Inhaftierten zwischen 1936 und 1945 gedachte, sondern zu aller Empörung ausdrücklich auch das Leiden der 60.000 Deutschen und Antikommunisten nach der Befreiung in dem von der stalinistischen Besatzungsmacht weitergeführten Lager bedauerte. Der Generalsekretär des Internationalen Sachsenhausen-Komitees, Hans Rentmeister, nannte diese Teile der Rede deplaziert. „Die ideologisch geprägte Gleichsetzung setzt die Mörder auf eine Stufe mit unseren Kameraden“, war noch während der Gedenkveranstaltung zu hören. Bei allem nachvollziehbaren Leiden der Häftlinge vor 1945 stellt sich doch gerecht denkenden Menschen die Frage, wie jemand, der sich zum Moralexperten berufen fühlt, die Ermordung von 12.000 Menschen nach (!) dem Zusammenbruch des NS-Reiches nicht nur verharmlost, sondern ausdrücklich gutheißt, indem er sie pauschal als Mörder geißelt. Offenbar gilt die alte Weisheit, vor Gott seien alle Menschen gleich, nur noch bedingt. Darum gebührt dem alten Soldaten für seine mutige Rede auch Anerkennung, denn welcher der medienabhängigen Politiker wagt heute noch, an Opfermythen und Minderheitentabus zu rühren! Jede Geschichte hat immer zwei Seiten der Medaille, deren Darstellung einseitig nach den jeweiligen Interessen erfolgt. Schönbohm hat gewagt, hinter allem Schein auch die andere Seite zu betrachten und nicht nur der Opfer des „Faschismus“ zu gedenken, sondern auch der ebenjener, die überall stets nur als Befreier gefeiert werden.