Das hat Stil, immerhin. In Ungarn sind der britischen BBC, die dort eine TV-Serie über den historischen Gentleman-Räuber Robin Hood abgedreht hat, sämtliche Bänder dieses dreizehnteiligen Films inklusive Kopien und Alternativ-Takes gestohlen worden. Realwert des ganzen: acht Millionen Pfund. Die Räuber haben sich gemeldet und verlangen eine Million Pfund für die Rückgabe. Ausgerechnet bei Robin Hood! Sie, die Räuber, haben das Aparte der Situation sofort erkannt und spielen sich als Nachfahren des edlen Kollegen auf. Es sei doch nur billig, schreiben sie in ihrem Erpresserbrief, daß die BBC einen Teil ihrer Produktionskosten an die Armen und Unterprivilegierten eines armen und unterprivilegierten EU-Landes abführe. Umverteilung von oben nach unten, genau wie bei dem Helden von Sherwood Forest. Über Qualität und Ausrichtung der Serie wolle man freilich nicht streiten, es gehe einzig und allein um Geld. Trotzdem eröffnen sich hier neue Möglichkeiten zur zensoralen Beeinflussung des kulturellen Lebens. Wer könnte denn künftige Robin Hoods daran hindern, TV-Serien-Bänder auch unter Qualitäts-Gesichtspunkten zu stehlen und die Rückgabe von der Änderung bestimmter Einstellungen und Dialoge abhängig zu machen? Ungeahnte Chancen für ästhetisch und politisch korrekte Oberlehrer tun sich auf. Da hilft nur eines: Die BBC darf sich auf keinen Fall erpressen lassen, etwa durch die Überlegung, daß der Sendetermin schon feststeht und große Bußgelder drohen, während das Lösegeld für die Bänder leicht als zusätzliche Produktionskosten im Etat untergebracht werden könnte. Die BBC muß jetzt unnachsichtig Sheriff von Nottingham spielen und darauf hinarbeiten, daß die Verbrecher gestellt und paradigmatisch hart bestraft werden. Daß der Sheriff in ihrer eigenen Serie so schlecht wegkommt und eine so lächerliche Figur macht, darf sie nicht abhalten.
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