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Zuviel des Guten

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Die letzten zehn, zwölf Jahre scheinen spurlos an Fleetwood Mac vorbeigegangen zu sein. Zu Beginn der 1990er Jahre mit „Behind the Mask“ das letzte Hitalbum, 1995 eine madige CD namens „Time“, ein paar Livemitschnitte und Best-of-Sammlungen – und dazu eine Vielzahl von Mitgliederwechseln, so daß man zum Schluß gar nicht mehr so recht wußte, wer eigentlich zur festen Besetzung gehörte. Prägten Alben wie „Rumours“ (1977) oder „Tusk“ (1979) die ausgehenden Siebziger, untermalte „Mirage“ (1982) die warme New Romantic-Epoche der frühen bzw. „Tango in the Night“ (1987) den kühlen Yuppie-Zeitgeist der ausgehenden achtziger Jahre, so waren Fleetwood Mac zwischen 1991 und 2003 einfach nicht zur Stelle. Nun endlich ist ein neues Studioalbum der eigentlich aus Großbritannien stammenden amerikanischen Westküsten-Legende um Gründer Mick Fleetwood und John McVie erschienen. „Say you will“ (Reprise/Warner) wurde in der Besetzung Mick Fleetwood (dr), John McVie (b), Lindsey Buckingham (voc, git) und Stevie Nicks (voc, keys) aufgenommen; bei zwei Stücken singt die Folkrockerin Sheryl Crow im Chor mit. Nicht alle der 18 neuen Lieder, die zur einen Hälfte von Lindsey Buckingham, zur anderen von Stevie Nicks geschrieben wurden, sind hochkarätige, eingängige Pophymnen, wie man sie aus den Hoch-Zeiten von Fleetwood Mac gewohnt ist. Besonders einige Kompositionen Buckinghams changieren zwischen schwerverdaulich („Murrow turning over in his Grave“, „Miranda“) und schlicht nervtötend („Red Rover“, „Come“): Spielwiese eines musikalischen Genies, dessen Hervorbringungen sicher nur wegen des hohen Bekanntheitsgrades der Band den Weg auf die Platte gefunden haben dürften. Die besseren Buckingham-Songs erinnern an R.E.M. („What’s the World coming to“, „Steal your Heart away“), erscheinen konsequent zum Mitsummen komponiert („Say goodbye“) oder in Maßen bluesinfiziert („Bleed to love her“). Ein Ohrwurm erstes Ranges ist auch die Rocknummer „Peacekeeper“, die als erste Single aus „Say you will“ ausgekoppelt wurde. Der Gitarrist mit der sanften, aber aufrüttelnden Stimme ist ohne Frage ein Meister seines Fachs, übertreibt seine Experimentierlust jedoch zu häufig. Der radiokompatible Klang von Fleetwood Mac lebt natürlich hauptsächlich von Stevie Nicks‘ mal heiser-trotziger, mal kindlicher, mal abgeklärter Stimme. So sind auch genau jene Lieder, die Nicks zu „Say you will“ beigetragen hat, die besten des neuen Albums. „Thrown down“, „Destiny Rules“, „Running through the Garden“ oder der phantastische Titelsong sind typische Fleetwood-Mac-Perlen. Musikalisch interessant ist auch „Illume“, eine vertrackte, intellektuell anmutende Rockkomposition zum 11. September 2001, die New Yorks damaligem Stadtoberhaupt Rudolph Giuliani gewidmet ist und mit ihren nervösen, sich plakativ wiederholenden Rhythmen, Harmonien und Melodiebögen die bedrohliche Stimmung am Tag des Terroranschlags wiedergibt. Die Discoanklänge bei „Eve-rybody finds out“ wirken hingegen unpassend und stören den eher gemächlichen, sacht rockenden Grundton von „Say you will“. Ansonsten verzichten Fleetwood Mac auf jegliche moderne Einflüsse: Hip-Hop-Beats kommen genausowenig vor wie überbordende Synthesizer. Traditioneller Pop/Rock pur – das ist es, was Fleetwood Mac auch 2003 auszeichnet. So ist „Say you will“ ein über weite Strecken gelungenes Comebackalbum einer der erfolgreichsten Pop/Rockbands der siebziger und achtziger Jahre, bei dem allerdings weniger mehr gewesen wäre. Ohne Buckinghams bizarren kompositorischen Experimente wäre das Album kompakter geraten.

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