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Väter sind vom Mars, Mütter von der Venus

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Väter sind vom Mars, Mütter von der Venus

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Von ein paar wenigen Ausnahmen abgesehen ( „E.T.“, „Invasion vom Mars“) sind Kinder im fantastischen Film eher weniger gefragt, und dies, obwohl gerade Science Fiction ein Genre ist, das sich am meisten von den Begrenzungen der Wirklichkeit entfernt, um eine reine Kino-Märchen-Welt zu entwerfen. Weil man aber imzwischen auch im alten Europa gemerkt hat, daß jeder noch so triviale SF-Film so etwas wie ein Konzept von der Welt vermittelt und sich zudem offensichtlich bestens als Modell ideologiekritischer Diskurse eignet, ist man jetzt auch hier zwar nicht auf den Hund, aber immerhin auf das Kind gekommen. Nur ganz selten versteigt sich der SF-Film dazu, positive Utopien zu entwerfen, die Mehrzahl aller Filme spricht vom Grauen, das die Zukunft für uns bereithält, oder zumindest vom Schrecken, der bereits in der Gegenwart angelegt ist. Und genau mit dieser Katastrophenphantasie, die ja in Wahrheit nichts anderes als eine spezielle Form der Angstabwehr ist, spielt auch Dany Deprez‘ Film „Science Fiction“. Der Belgier hat einen freundlichen SF-Film gedreht, der dennoch ganz nebenbei unsere Vorbehalte gegen die gesellschaftliche Entwicklung behandelt, sie am Ende aber als Mumpitz abtut. Er tut dies allerdings, ohne einen einzigen „großen Moment“ hervorzubringen, und vor allem ohne bildhaft faszinierende, schreckliche oder schöne Entwürfe. Daß Kinder neugierige Wesen sind, müssen auch die Eltern des neunjährigen Andreas erfahren. In dem hypermodernen Bungalow, in dem die Famile lebt, scheinen geheimnisvolle Dinge vor sich zu gehen, der zu einem Labor umgebaute Keller ist für den Jungen ebenso tabu wie das Gewächshaus in dem idyllischen Garten. Rick und Rachel, Andreas‘ Eltern, sind angeblich Wissenschaftler, die für einen internationalen Konzern wichtige Forschungen anstellen. Doch Andreas und seine neue Schulfreundin Veronika, die sich in einem Wohnwagen vor dem Haus ihrer Eltern alte Horror-Filme mit Bela Lugosi anschaut und von allen nur Vero genannt wird, entwickeln einen schlimmen Verdacht: Andreas‘ Eltern, die stets Sonnenbrillen tragen und sich auch sonst oft ziemlich seltsam benehmen, müssen Außerirdische sein. Schließlich dringen die Kinder heimlich in das Labor ein und entdecken als erstes auf einem riesigen Computer-Bildschirm das Firmenlogo des Konzerns, für den Andreas‘ Eltern arbeiten: LINEA. Als Vero das Logo als Schüttelbild identifiziert und die Buchstaben neu ordnet, lesen die geschockten Kinder das Wort ALIEN. Weitere Beweise brauchen sie nicht … Die mit einem relativ niedrigen Produktionsbudget hergestellte deutsch-belgisch-niederländische Co-Produktion „Science Fiction“ erhielt auf dem Internationalen Kinderfilmfest in Montreal den Zuschauerpreis als bester Film, und so bewirbt ihn auch der deutsche Verleih als „spannendsten Familienfilm des Jahres“. In einer Zeit, in der scheinbar allerorten Optimismus verbreitet werden muß, so trivial dieser auch sein mag, wird auch das SF- und Fantasy-Genre offensichtlich neu geordnet. Kein träumender King Kong mehr, keine wilden Panther in der Brust, kein verliebter Kiemenmann aus der schwarzen Lagune, kein Aufstand der Freaks und keine Braut für Frankensteins Monster: Der SF-Film des neuen Jahrtausends läßt die Kinder, die in diesem Genre einmal als klassische Topoi wehrloser, wenn auch unschuldig-zerstörerischer Opfer eines wissenschaftlich-politischen Gewaltzusammenhangs galten, der die Freiheit und das Leben aller Menschen bedrohte, in klimatisierten Weltraumkapseln ins All fliegen. Fotos: Der Überlebenskampf der zivilgesellschaftlichen Mittelschichten findet auf fernen Planeten seine Entsprechung. Wenn das kein Fortschritt ist?

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