Bereits vor einem halben Jahr führte Joachim Fest mit seinem bemerkenswerten Buch „Der Untergang“ in das Szenario der letzten Tage der NS-Diktatur ein, die gleichzeitig ganz Deutschland mit in die Hölle riß, und beschrieb die letzte Schlacht um die Reichshauptstadt, in der auch die „150-Prozentigen“ den „Endsieg“ von der Agenda strichen und sich auf den nahenden Tod vorbereiteten. In die gleiche Richtung geht der britische Schriftsteller und ehemalige Offizier Antony Beevor, der mit dem Albert-Speer-Zitat „Die Geschichte hebt immer das Ende hervor“ seine Faszination an dem historischen Komplex begründet. Beginnend mit der sowjetischen Offensive bei Sandomierz im Weichselbogen im Januar 1945 (Goebbels: „Der größte Bluff seit Dschingis-Khan“), den aussichtslosen Kämpfen von Rudimenten der Wehrmacht gegen eine vielfache Übermacht der Roten Armee, den Greueltaten an den Ostdeutschen im Warthegau, Ost- und Westpreußen und Schlesien bis zu den Diadochenkämpfen im Umfeld des „Führers“, wo innerhalb kürzester Frist NS-Größen zu Feldherren oder Unpersonen ernannt wurden, zeichnet Beevor in seiner Fleißarbeit, gestützt auf zahlreiche Tagebuchaufzeichnungen, Armeeberichte und andere Quellen einen facettenreichen Überblick des letzten halben Jahres nach. Das ganze besticht zudem durch einen erfrischenden literarischen Stil, den das ursprünglich im Londoner Viking-Verlag erschienene Werk gewiß auch der guten Übersetzung schuldet. Die geschichtlichen Betrachtungen wirken jedoch teilweise bruchstückhaft und zusammengetragen, so daß man das fehlende Händchen des Historikers bemerkt. Damit ist vielleicht auch zu begründen, daß Beevor im Gegensatz zu Fest die Stimmung des Untergangs nicht annähend so überzeugend vermitteln kann. Das gilt besonders, wenn es zur Schilderung des Finales in der Berliner Reichskanzlei kommt, in der Fest faszinierend authentisch die Divergenz zwischen dem NS-Politiker und der angsterfüllten Privatperson herausstellen kann, ohne dieses durch eine Unzahl von vermeintlichen Augenzeugenstimmen zu verwässern. Insgesamt ist dieser Mangel in Beevors Werk jedoch zu verschmerzen, da eben jene Faktenfülle als der Tribut einer von ihm zumindest angestrebten Objektivität eingestuft werden sollte. Antony Beevor: Berlin 1945. Das Ende. C. Bertelsmann Verlag, München 2002, 543 Seiten, 42,50 Euro Joachim Fest: Der Untergang. Hitler und das Ende des Dritten Reiches. Eine historische Skizze. Alexander Fest Verlag, Berlin 2002, 207 Seiten, 17,90 Euro