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Wochenschau

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Montag, 30. Juni 2014

Oliver Kahn – und Welten zwischen dessen klaren, fachkundigen Kommentaren und dem einsilbigen, unsicheren, opportunistischen Rumgestottere von Mehmet Scholl, der an einer „Gänsehautentzündung“ laboriert. (P. S. Zum Glück hat er sich am Ende doch noch gesteigert.)

Der ZDF-Reporter Boris Büchler, der Per Mertesacker nach dem Achtelfinalsieg gegen Algerien nicht einmal richtig gratulieren kann und dummfrech fragt, wann denn endlich das leichte deutsche Fußballspiel zu sehen sei – ich würde den Kerl sofort entlassen. Daß nahezu alle deutschen Medien daraufhin Per Mertesacker zum Thema machen und nicht ihren Kollegen, verwundert mich kaum noch. Dabei wäre das doch die eigentliche Problematik, die ständigen – und deshalb oft belang- und sinnlosen – Spieler-Interviews nach dem Spielende. Unmöglich auch die stereotype Kameraführung der WM-Übertragung, die keine anderen Einstellungen zeigt, deren Anzeige so winzig ist, daß die Tore und die Spielzeit-Anzeige auf normalen Bildschirmen gar nicht mehr zu erkennen sind.

Dienstag, 1. Juli 2014

Durchsicht eines WM-Planers, unter dem Stichwort „Slogan“ wird das offizielle WM-Motto „All in one rhythm“ vorgestellt, die DFB-Auswahl mit der Losung: „Ein Land, eine Mannschaft, ein Traum“ – oder doch ein Albtraum?

Donnerstag, 3. Juli 2014

Der Wirtschaftstag der CDU hat unvermittelt einen Urheberrechtsstreit: Bundesfinanzminister Schäuble ist auf dem Podium in seiner Selbstgerechtigkeit kaum mehr zu übertreffen. So wird er richtig fuchsig, als das Stichwort „kalte Progression“ fällt, schließlich sei die politische Konstellation einfach nicht danach. Wenn überhaupt darüber gesprochen werden könne, dann doch nur von ihm, denn, so Schäuble allen Ernstes: „Ich habe das Copyright darauf.“ Als er Stunden später, begleitet nur von (s)einer Frau, Richtung Ausgang wie in einer Zeitlupe auf mich zurollt, frage ich mich, was ich jetzt tun könnte – unschlüssig lasse ich ihn an mir vorbeirollen. Da erinnere ich mich – zu spät – an die 1.000.000.000.000 –Euro-Noten in meinem Sakko, die ich hier hätte in den Verkehr bringen können …

Sonnabend, 5. Juli 2014

Süddeutsche Zeitung: „Von der Leyen will mehr Soldaten“ / „Dobrindt: Maut-Konzept kommt nächste Woche“.

Neben diesen Zeilen der Titelseite macht die Wochenendausgabe der SZ fit für die „Fitna“ [arabisch für Bürgerkrieg] und zeigt uns schon mal lehrbuchmäßig die verschiedenen Schleierarten: Hidschab, Amira, Chimar, Tschador, Niqab und Burka. – Wenn es nach mir ginge, würde ich den Verteidiger letzterer, Patrick Bahners, eine solche überstülpen als Strafe für den neunmalklugen Kopf.

„Salzgitter II“: Im SZ-Samstagsessay unter dem Titel „Der gefühlte Raub“ beklagt der Wirtschaftsredakteur Ulrich Schäfer (Jg. 1967), namhafte Banker und Versicherer würden unter den Deutschen die Angst schüren, daß die Notenbanker sie mit jahrelangen Niedrigzinsen um ihre Vermögen bringen könnten. Die Schäfer-Propaganda im O-Ton: „Die Parole verfängt, aber sie ist falsch – und hilft nur den Populisten in Europa.“

Sonntag, 6. Juli 2014

„Salzgitter II“: In der Welt am Sonntag produziert sich Barbara John – die ehemalige Ausländerbeauftragte des Berliner Senats und heutige Ombudsfrau der sogenannten „NSU“-Opfer-Angehörigen – als Wendehals. Konnten bislang nicht genügend Flüchtlinge nach Deutschland kommen und nicht genug Willkommenskultur inszeniert werden, wird die grüne Flüchtlingspolitik in Kreuzberg auf einmal „ein abschreckendes Beispiel“ angeprangert. Weiter hinten in der WamS ein Interview über das Phänomen des Autokorsos mit dem – wie sich im weiteren Verlauf zeigt – antinationalen Verkehrssoziologen Alfred Fuhr: „1954, als die deutsche Mannschaft Fußballweltmeister geworden war, fuhr man die Spieler im offenen Käfer durch die Stadt. Inzwischen ist die Identifikation mit den Spielern so groß, daß man sich eigentlich selbst feiert. Man braucht die Anwesenheit der Helden gar nicht mehr. Es geht vor allem darum, zu sagen: Hier regiert jetzt Deutschland. Man erobert und okkupiert den Raum. Keinen Fußbreit dem Gegner. Das Volk erobert sich seinen Raum zurück, an dem sonst alle sein dürfen.“

Im Tagesspiegel eine Ablichtung der „Vorzeigemänner“ mit ihren „Selfies“, darunter muskulöse Fußballer wie Mesut Özil – was irgendwie paßt: der will tatsächlich „nur spielen“. Schon Oliver Kahn kritisierte dessen Auftritt als „verspielt“, ohne Killerinstinkt. – Daß er sich eine Woche später, nach dem Finale, rasch das Nationaltrikot ausziehen wird … ein Zufall?

Mittwoch, 9. Juli 2014

Saarlands Bildungsminister Ulrich Commerçon darf – laut dem Verfassungsgericht des Landes – NPD-Anhänger als „Wiedergänger der alten Nazis“ bezeichnen. – Dann, denke ich mir, soll es bitte auch selbstverständlich sein, die Linke als Widergänger Stalins, Maos oder Pol Pots zu denunzieren.

Freitag, 11. Juli 2014

Das ZDF gibt zu, bei der Sendung „Deutschlands Beste!“ – deren Kriterien ohnehin blödsinnig waren – die Reihenfolge gefälscht zu haben. Eigentlich ergibt aber das erst den richtigen Claim: „Mit dem Zweiten manipuliert man besser!“

Sonnabend, 12. Juli 2014

This is not America – lese in der Zeitung vom Tod des legendären Jazz-Musikers Charlie Haden, dem ich in der jüngeren Vergangenheit vergeblich Presseanfragen geschickt hatte wegen des mit seinem Liberation Music Orchestra aufgenommenen Albums „Not in our name“, einem kritischen Reflex zur US-Politik.

Sonntag, 13. Juli 2014

Harald Martenstein erinnert in seiner Tagesspiegel-Kolumne „Unser Fußballgott“ an das Jahr 1954, als der legendäre Radioreporter Herbert Zimmermann in seiner Begeisterung vom „Fußballgott“ Toni Turek gesprochen hatte. Daraufhin wurde Zimmermann der Blasphemie bezichtigt – und mußte sich dafür entschuldigen, da er andernfalls von seinem Arbeitgeber entlassen worden wäre. So ändern sich die Zeiten.

Obwohl Deutschland jetzt den vierten Stern hat, sagt die junge Frau aus der Gruppe einiger Fußballfans, alle nach billigem Bier durstend: „Ich gehe drei Stern kaufen.“ An einer anderen Ecke hängt ein Obama-Portrait an dem Fenster eines Ladengeschäfts, darauf der Slogan: „Yes we can / Take over the world.“ In der Fußballkneipe nebenan steht ein Typ mit Trainingsjacke, auf deren Rückseite die Botschaft „ANY GERMANY“ zu lesen ist.

Montag, 14. Juli 2014

Seit letzter Nacht können Sätze wie „Deutschland hat mich mitgenommen“ und „Deutschland ist Geschichte“ auch wieder einen ganz anderen Sinn haben.

Kindisch: Der Staatssender Deutschlandfunk interviewt den jungen Politaktivisten Felix Finkbeiner, der vor dem Bundesverfassungsrecht klagt, um ein Wahlrecht ab 14 Jahren oder jünger durchzusetzen, er faselt von „Klima“ und „globaler Gerechtigkeit“, welches Kinder und Jugendliche als Hauptziele hätten, die aber von der herrschenden Politik nicht hinreichend berücksichtigt würden. „Ältere“ Kinder beginnen bei diesem Jungspund schon im Alter von 12 Jahren …

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