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Wird Englisch doch Gerichtssprache?

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Große internationale Anwaltskanzleien drängen schon seit langem darauf: Deutsch soll in Deutschland nicht mehr alleinige Gerichtssprache sein. Als weitere Sprache soll Englisch dazukommen, zunächst an neu einzurichtenden Kammern für internationale Handelssachen in den Landgerichten. Von dort soll man sich dann bis einschließlich zum Bundesgerichtshof auf englisch hochklagen können. Da dies dem jetzigen Gerichtsverfassungsgesetz widerspricht, verlangen die Englischbefürworter eine Gesetzesänderung. Noch heißt es in Paragraph 184: „Die Gerichtssprache ist deutsch.“ Doch die Interessenverbände haben bereits den Bundesrat dazu gebracht, die Alleinstellung der deutschen Sprache in Frage zu stellen.

Schon im Jahr 2010 hatte der Bundesrat einem Gesetzentwurf zugestimmt, den Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Hessen und Niedersachsen verfochten. Die Großkanzlei „Graf von Westphalen“, die unter anderem Niederlassungen in Brüssel und Schanghai unterhält – ihr Wahlspruch lautet „local and global“– , soll maßgeblich an diesem Gesetzentwurf mitgewirkt haben. Die damalige nordrhein-westfälische Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter gab seinerzeit einen Vorgeschmack auf die geplante zweite Amtssprache, indem sie ihre Rede vor dem Bundesrat folgendermaßen begann: „Herr Präsident, Mr. President! Meine sehr geehrten Damen und Herren, dear ladies and gentlemen!“ Diese Geschmacklosigkeit fand sie offenbar besonders witzig.

Zweiter Anlauf

Allerdings schaffte es der Bundestag nicht, den Gesetzentwurf innerhalb der Legislaturperiode (2009 bis 2013) zu behandeln. Nun hat der Bundesrat erneut den Antrag gestellt und dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt (Bundestags-Drucksache 18/1287). Die Bundesregierung zweifelt zwar in einer Stellungnahme daran, daß dafür Bedarf besteht und daß es genug qualifizierte Richter dafür gibt. Allerdings hat auch sie die Propaganda übernommen, der Gerichtsstandort Deutschland leide darunter, daß „noch immer nur Deutsch als Gerichtssprache bestimmt ist.“

Doch Juristen warnen davor, daß amerikanische Großkanzleien deutsche Großkanzleien unterwandert haben, um durch deren Einfluß der englischen Sprache einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Die Steigerung der Staatseinnahmen oder der Gewinne einzelner Großkanzleien darf aber nicht zum Ziel der Rechtsprechung gemacht werden.

Deutsches Recht in deutscher Sprache

Außerdem gilt: Das Rechtssystem spiegelt sich in der Sprache wider. Für eine Verhandlungsführung in Englisch ist ein besonderer Fachwortschatz notwendig, dessen nur wenige deutsche Richter mächtig sind. Für manche Rechtsbegriffe aus dem deutschen Recht fehlt in der englischen Sprache der passende Wortschatz, weil sie dem angelsächsischen Rechtssystem fremd sind. Deutsches Recht kann am besten auf deutsch verstanden werden.

Zudem schließt Englisch die deutsche Öffentlichkeit aus, da die Englischkenntnisse der weitaus meisten Bürger nicht ausreichen, um solchen Verhandlungen folgen zu können. Urteile, die in englischer Sprache verfaßt sind, können schwerlich „im Namen des Volkes“ sein, das bekanntlich eine andere Sprache spricht. Englisch als Gerichtssprache ist alles in allem ein Trojanisches Pferd, das die Stellung der deutschen Sprache im eigenen Lande weiter untergräbt. Der Bundestag sollte den Gesetzentwurf abweisen.

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