Immer mal wieder geistern Visionen einer Gesellschaft ohne Arbeit durch den linken Diskurs. Gemeint ist damit nicht Massenarbeitslosigkeit, sondern die Idee, daß Maschinen uns in Zukunft sämtliche Tätigkeiten abnehmen werden, die Nahrungsmittel und Konsumgüter herstellen. Der Mensch, so befreit von Lohnarbeit und Daseinskampf, kann sich fortan ausschließlich den musischen Tätigkeiten widmen, der Kreativität also volle Aufmerksamkeit widmen.
Der Schriftsteller Ilija Trojanow hat diese Vision nun in der taz aufgewärmt. Demnach würden das kapitalistische „Diktat der Effizienzsteigerung und der globale Konkurrenzdruck (…) zur Automatisierung führen“, also zur zunehmenden Umstellung der Arbeitswelt auf Computer und Roboter. Der Mensch müsste schließlich nur noch die fast von alleine laufenden Anlagen überwachen und könne ansonsten mit dem ihm bedingungslos überlassenen Grundeinkommen shoppen gehen.
Trojanow entstammt zwar einer bulgarischen Flüchtlingsfamilie und hat sich in der Vergangenheit kritisch gegenüber dem realen Kommunismus geäußert. Nun aber erkennt er in der Automatisierung doch eine neue Chance zu einer Art besserem Kommunismus. Es stünde „uns eine der größten emanzipatorischen Chancen der Geschichte“ bevor.
Wem gehören die Produktionsmittel?
Wenn nämlich die Lohnarbeit zugunsten von Maschinenparks abgeschafft würde, „müssen wir uns bald die Frage stellen, ob wir einen neuen autoritären Feudalismus wollen oder bereit sind, eine völlige Umgestaltung der Wirtschaft vorzunehmen.“ Das heißt übersetzt, durch die Abschaffung der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stellt sich die Frage, wem denn nun die Maschinenparks, also die Produktionsmittel, gehören sollen. Es ist klar, dass die Entscheidung nicht für einen „Feudalismus“, sondern für die „Vergesellschaftung“ fallen wird.
Auch wenn Science-Fiction-Filme wie Donald Cammells „Demon Seed“ zeigen, dass es für den Mensch auch ungemütlich werden kann, wenn die Maschinen plötzlich sein Leben steuern: Trojanows Vision dürfte den Wunschvorstellungen vieler heutiger AstA-Langzeitstudenten entsprechen und letztlich den kommunistischen Zielen entsprechen. Dabei basiert der Kommunismus auf einer gewissen Schizophrenie. Karl Marx nämlich sah ganz im Gegensatz dazu die Arbeitspflicht vor.
Auch in der DDR-Verfassung hieß es: „Das Recht auf Arbeit und die Pflicht zur Arbeit bilden eine Einheit“. So konnten „Arbeitsscheue“ strafrechtlich verfolgt werden.Nach der Errichtung der klassenlosen Gesellschaft solle bei Marx ein „Verein der freien Menschen“ via Arbeitspflicht die Mittel für Leben und Bildung erwirtschaften, die dann der Gesellschaft gleichmäßig zur Verfügung gestellt werden. Marx war allerdings so clever, die exakte Organisation dieses Systems vage zu lassen, aber immerhin für die Nutzung der Technologien einzutreten, die unter kapitalistischen Bedingungen entwickelt worden waren. Ähnlich verfahren nun die modernen Arbeitsabschaffer.
Die Idee ist zum Scheitern verurteilt
Die Wurzeln dürften bei dem französische Sozialist Paul Lafargue liegen, der 1880 sein konsumkritisches Werk „Recht auf Faulheit“ schrieb, in dem er mit dem kapitalistisch-protestantischen Arbeitsethos und der marxistischen Orthodoxie brach. Heute wird diese Arbeit verweigernde Haltung unter anderem von der „Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands“ (APPD) öffentlich vertreten.
So schwankt die Linke zwischen marxistischem Arbeitskult und anarchistischer Arbeitsabschaffung. Da aber das Ziel aller Sozialisten und Kommunisten letztlich das immer angenehmere Leben bei immer mehr Wohlstand ist, gehören beide Pole auch zusammen. Doch machen wir die Kritik konkret anhand der Schlaraffenland-Phantasie, die in der taz verbreitet wurde. Warum ist sie zum Scheitern verurteilt?
Weil…
1. Maschinen arbeiten nicht von alleine. Sie benötigen Energie durch Zuführung von Rohstoffen, außerdem Rohstoffe zu ihrer Herstellung und zur Herstellung der Güter, die sie produzieren. In einer Zeit schwindender Erdöl-Ressourcen ist die Endlichkeit von Energievorräten immerhin zu ahnen, zumal der Verbrauch weltweit zunimmt. Ähnlich sieht es mit bestimmten Metallen aus.
2. Maschinen kosten viel Geld in der Anschaffung und Unterhaltung. Dieses Geld muss irgendjemand investieren. Er macht dies in der Hoffnung, dadurch mehr Geld, also einen Gewinn, zu erzielen.
3. Trojanow spricht sogar selbst das nächste Problemfeld immerhin an: Wenn nun alle Leute ein Grundeinkommen für nichts als das pure Leben erhalten würden, dann würde dieses aber kaum für den Konsum all der Güter ausreichen, die die permanent laufenden Maschinen herstellen. Wenn aber die Waren nicht verkauft werden können, führt das zur Deflation, zum Preisverfall. Das heißt, die Firma geht Pleite, muss die Maschinen, die sie nicht mehr warten kann, abschalten. Das Ergebnis dürfte aussehen, wie die Industrieanlagen des ehemaligen Ostblocks.
4. Die Lösung ist dann nur noch: Staatswirtschaft. Der Staat übernimmt die ineffektiven Maschinenparks, hält sie irgendwie am Leben, versucht mit irgendwelchen Wirtschaftsplänen Bedarf abzuschätzen und abzudecken und drangsaliert die Bevölkerung, wenn plötzlich Mangel in bestimmten Gütern auftritt und das Murren beginnt.
Das Ziel ist der Kommunismus
Man sieht also, worauf die schöne Maschinenwelt hinausläuft: Kommunismus. Und das meint der taz-Artikel ja mit der Welt „ohne Lohnarbeit“. Es handelt sich bei dieser Version einer Aufhebung der Entfremdung eben nur um eine weitere kommunistische Mimikry.
Noch einmal anders aufgezäumt: Da jeder nur noch das gleiche Grundeinkommen erhält, die Arbeit ja schließlich abgeschafft wird, haben alle Menschen das gleiche Geld zur Verfügung. Der Staat dirigiert die Produktion und den Bedarf. Wollen Menschen ihre Besonderheit hervorheben, dann können sie das nur schwer, denn Arbeit und Mehrerwerb sind ja abgeschafft.
Und nicht jeder ist ein toller Maler oder Sänger, dem die kunstinteressierten Frauen zu Füßen liegen. Womit also soll ein junger Mann z.B. Mädchen beeindrucken, wenn man seine Kraft nicht nach außen verdeutlichen kann, man kein größeres Auto fahren kann, keine schickeren Klamotten als der Nachbar hat, und auch nicht das Geld, mal eine Goldkette zum Geburtstag zu schenken?
Gefährliche Entwicklung
Diejenigen, die zusätzliche Konsumgüter erlangen wollen, aber eben keine Möglichkeit des legalen Erwerbs haben, werden es illegal versuchen, z.B. indem sie Omas die Handtasche entreißen. Oder durch explodierende Korruption. Dann muss der Staat wieder mit mehr Polizei dagegen halten (oder Polizei-Robotern, wenn auch das die Maschinen übernehmen). Und ganz schnell ist man in einem Land wie in Nordkorea, vor allem noch, wenn sich der teure Unterhalt der Maschinen oder eine Neuanschaffung nicht mehr lohnt, und die Arbeitspflicht ihre Renaissance erfährt.
Unbestritten hat die moderne Technik viele großartige Entwicklungen vollzogen. Keiner will die Arbeitsverhältnisse des 19. Jahrhunderts zurück, obwohl diese in vielen Teilen der Welt noch heute bestehen. Viele Dinge, die man einst per Hand durchführte, werden uns heute abgenommen. Zum Beispiel durch Waschmaschinen und Geschirrspüler. Aber, all das will eben auch bezahlt werden und benötigt einen immer größeren Bedarf an Energiezufuhr. Die Folgen sehen wir in China (Smog) oder den USA (Fracking). Wohin das bei steigender Weltbevölkerung führt, kann sich jeder ausmalen.