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Studienzentrum Weikersheim, Burg Lichtenberg

Gelenkte Mediokratie

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Wenn in Rußland die Chefredakteurin eines einflußreichen Internetportals zurückgetreten wird, weil sie sich vom Kreml den Tenor ihrer Berichterstattung und Kommentierung nicht vorschreiben lassen wollte, die Redaktion gesäubert wird und die geschaßte Journalistin auf einen kleinen Blog auf einem ausländischen Server ausweicht, um nicht ganz zu verstummen, ist die Empörung groß in der deutschen Medienwelt. Da läßt sich auch der Staatssender Deutschlandfunk nicht lumpen und bringt eine ausführliche Hintergrundreportage.

Wenn dagegen einem deutschen Kollegen ganz ähnliches widerfährt, wenn der Verleger der Wirtschaftswoche, der gern die Nähe zu den Mächtigen des Politikbetriebs sucht, den Vollblut-Ökonomen und unerbittlichen Eurorettungs-Kritiker Roland Tichy als Chefredakteur der renommierten Wirtschaftszeitung absetzt und durch eine farblose, im Polit-Establishment sozialisierte „Kommunikationswissenschaftlerin“ ersetzt, dann allerdings bleibt der Aufschrei aus, und der Staatsfunk bringt außer der Wiedergabe der Verlags-Pressemitteilung nichts mehr.

Miriam Meckel, seit 1. Oktober Tichys Nachfolgerin, läßt nichts anbrennen: Statt fundierter und unverblümter Kritik an Euro-„Rettung“, EZB-Niedrigzinspolitik und Schuldenwirtschaft gibt’s im Wochenkommentar der Chefredakteurin jetzt Lobeshymnen auf Strafzinsen und die Sparer-Enteignung durch die EZB – sollen die Leute halt Aktien kaufen, wenn das Sparbuch nur noch Geld verbrennt. Roland Tichy, der auf dem Posten als Geschäftsführer des neu gegründeten Digitalunternehmens des Verlags kaltgestellt wurde, taucht – anders als noch im Mai angekündigt – auch als Kommentator nicht mehr auf, um der Wirtschaftswoche wenigstens einen Rest an Pluralität zu bewahren. Und die Kolumne der streitbaren Bettina Röhl, die unter Tichy Woche für Woche Reizthemen wie Gender-Wahn und Energiewende-Unfug aufgriff, das Denkmal Alice Schwarzer demontierte und Akif Pirinçci oder Eurokritiker-Parteien verteidigte, erscheint seit Ende Oktober auch nicht mehr.

Kritische Kommentierung nur von unabhängigen Portalen

Das war zu erwarten. Miriam Meckel ist ein Geschöpf des polit-medialen Establishments: WDR- und RTL-Journalistin und parallel Professorin für Kommunikationswissenschaft in Münster, Staatssekretärin für Medien und Regierungssprecherin des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement (SPD), an dessen wenig erfolgreicher Medienoffensive sie mitarbeitete; unter seinem Nachfolger Peer Steinbrück Staatssekretärin für Europa, Internationales und Medien, danach Professorin für Unternehmenskommunikation in St. Gallen. Sonst kennt man Frau Meckel vor allem als lesbische Lebenspartnerin der ARD-Moderatorin Anne Will und als Autorin eines Buches über ihren „Burnout“, das demnächst vom ZDF schmalzig verfilmt werden soll.

Kritik an der Mainstream-Weichspülung der Wirtschaftswoche kommt, wen wundert’s, allenfalls von unabhängigen Nachrichtenportalen. Auch Roland Tichy hat jetzt eines eröffnet, um seine Stimme – wenn auch mit geringerer Reichweite – weiter zu erheben. Gegen Strafzinsen und die EZB-Niedrigzinspolitk zum Beispiel. Bettina Röhl schreibt nach ihrem Rauswurf übrigens auch wieder beim ehemaligen WiWo-Chefredakteur. Schauen Sie doch mal rein bei „Tichys Einblick“ – es lohnt sich nicht nur inhaltlich, es ist auch ein Akt der Solidarität mit dem unabhängigen Journalismus in unserer gelenkten Mediokratie.

 

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