„Ja, das ist unser Ernst: Wir spielen grundsätzlich keine deutschsprachige Musik.“ Stephanie Giese, Moderatorin beim Nordwestradio, einem öffentlich-rechtlichen Sender von NDR und Radio Bremen, ließ kein Mißverständnis aufkommen. Am 5. Februar antwortete sie dies auf Nachfragen ungläubiger und empörter Hörer. Kurios war ihre Begründung: Man wolle nicht anderen Sendern der Rundfunkanstalt Konkurrenz machen. Als jedoch die Beschwerden überhandnahmen („Zur besseren Abstimmung mit den anderen Programmen jetzt bitte auch die Wortbeiträge in Englisch mit kanadischem Akzent“), schloß der Sender kurzerhand das Gästebuch.
Diese deutschfeindliche Haltung sorgte nicht nur regional für Entsetzen. Die CSU-Medienpolitikerin Dagmar Wöhrl hofft, „daß die Hörer des Nordwestradios durch Umschalten abstimmen.“ Der Sänger Heinz Rudolf Kunze nennt die Entscheidung des Nordwestradios „eine deutsche Geisteskrankheit. Keine andere Kulturnation der Welt käme auf eine solche Idee.“ Kunze verficht seit vielen Jahren eine Mindestquote für deutschsprachige Musik.
Sächsische AfD für Mindestquote
Da läßt aufhorchen, daß die sächsische „Alternative für Deutschland“ in ihrem Programm für die Landtagswahl die Forderung nach einer Mindestquote aufnahm. Erinnerungen werden wach an eine Diskussion, die vor zwölf Jahren geführt wurde. 2002 sprachen sich die Politiker Erwin Huber (CSU), Wolfgang Thierse und Kurt Beck (beide SPD) für eine solche Quote aus.
Die Ministerpräsidentenkonferenz setzte jedoch auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Rundfunkanstalten und gab im Juni 2003 in Berlin zu Protokoll: „Die Länder erwarten von den Hörfunkveranstaltern, insbesondere von den in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten und dem DeutschlandRadio eine stärkere Berücksichtigung von deutschsprachiger Musik und deshalb eine Förderung auch neuerer deutschsprachiger Musikangebote durch ausreichende Sendeplätze in den Programmen.“
Freiwillige Selbstverpflichtung?
2004 empfahl der Deutsche Bundestag, daß sich Radiosender an einer Quote von 35 Prozent deutschsprachiger Musik orientieren sollten. Der damalige kultur- und medienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Nooke, hielt allerdings nichts von einer Quote: „Die Debatte um einen höheren Anteil deutscher Musik in den Medien ist aus Sicht der Künstlerinnen und Künstler berechtigt und zu begrüßen.
Der Weg dorthin sollte über eine freiwillige Selbstverpflichtung der Medien führen oder auch durchaus über eine weitergehende Regelung in den Rundfunkstaatsverträgen der Länder. Wer allerdings lautstark nach einer gesetzlichen Quote deutscher Musik in den Medien ruft, muß wissen, daß er damit die Künstler entmündigt und die Hörer wie in der DDR bevormundet.“
Ohne Quote geht es nicht
Selbstverständlich ist die freiwillige Selbstverpflichtung zu mehr deutschsprachiger Musik die schönere Lösung. Doch haben die Bitten, Aufrufe und Empfehlungen offenkundig nur wenig gefruchtet. Ein Blick über die Grenze verrät die kulturellen Unterschiede. Während „Radio Italia“ stolz mit dem Wahlspruch „solo musica italiana“ wirbt, scheint für das Deutschlandradio „alles außer deutsch“ zu gelten.
Es kann nicht sein, daß gebührenfinanzierte Hörfunkanstalten Hemmungen haben, Musik in der Sprache des Gebührenzahlers zu senden. Es kann nicht sein, daß deutsche Musik, die sich in den Plattenläden gut verkauft, aus dem Äther verbannt wird. Eine Neuauflage der Quotendiskussion könnte helfen, dieses Mißverhältnis wieder ins Bewußtsein zu rücken.