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Uns fehlt die Mitte

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Uns fehlt die Mitte

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Eine vom Bundeswehrverband in Auftrag gegebene Studie der TU Chemnitz ergab nach 2011 zum zweiten Mal die Erkenntnis, daß die Führungskräfte der Bundeswehr außerordentlich unzufrieden mit der „Neuausrichtung“ sind. Die Bundeswehr stehe kurz vor ihrer Implosion, titelt die FAZ. „Eine Implosion ist der plötzliche Zusammenbruch eines Objekts“, heißt es dazu bei Wikipedia, und das „infolge eines niedrigeren Innen- als Außendrucks oder anderer Kräfte, die unausgeglichen auf den Objektmittelpunkt wirken.“

Wenn man nun beim Bild der „Implosion“ bleibt und es weiter denken möchte, drängt sich die Frage nach dem Objektmittelpunkt auf, also die Frage nach der Mitte, ganz im Sinne Sedlmayrs „Verlust der Mitte“ wohl das, auf das sich die Kunst, in diesem Fall also die des Krieges, ausrichtet.

Was bei der zeitgenössischen Kunst unklar ist, wäre im Krieg der Feind, muß aber ebenso unscharf bleiben, weil der Feind nicht beschrieben ist. Nur, wie soll er auch beschrieben werden? Konkreter als „die Taliban“ oder ähnliches kann die Bundeswehr kaum werden, die „Mitte“ muß also woanders liegen.

Implosion ist, wenn es nur noch um einen selbst geht

Daß der Schwerpunkt des Unmuts der Führungskräfte bei Fragen nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder der Planbarkeit liegt, gibt einen Hinweis darauf, daß unsere „Mitte“ wir selbst sind. Warum geht ein Soldat in den Einsatz? Wegen des Geldes und weil die Kompanie geht. Was keine schlechten Gründe sind. Die intrinsische Motivation des Soldaten reduziert sich damit aber darauf, daß er und seine Kameraden gesund zurückkommen. Er geht, damit er zurückkommt – was außerordentlich unlogisch ist, den militärischen Dienst jedenfalls nicht gut und keinesfalls stichhaltig begründet.

Dem Soldaten ist diese „Mitte“ abhanden gekommen, nur deshalb müssen wir uns um solche Fragen wie in der Studie scheren, die weggewischt werden könnten, weil es entweder solche der persönlichen Opferbereitschaft oder schlichtweg der Bürokratie sind – Nebensächlichkeiten.

Eine Implosion wäre also die allgemeine und wirkungsvolle Erkenntnis, daß es nicht mehr um die Sache, sondern nur noch um einen selbst geht. Es gäbe damit wenig Gründe, sich selbst für die Aufrechterhaltung des Betriebs einzubringen, ohne das es allerdings nicht geht.

Ein besonderer, sinnvoller, notwendiger Beruf

Der Innendruck ist das Bewußtsein darüber, einen besonderen, sinnvollen, notwendigen Beruf auszuüben, in dem das Wohl des Individuums vom Wohl des Kollektivs unmittelbar abhängt, das Kollektiv also in gewisser Weise erhoben wird, wie Soldaten es durch den Begriff der Kameradschaft tun.

Insofern ist der Bundeswehr-Verband vielleicht ein wenig voreilig, wenn er von einer baldigen Implosion spricht, denn der Dienst funktioniert ja immer noch aufgrund dieser Soldaten, die über sich selbst hinausgehen und für den Innendruck sorgen. Aber langfristig liegt er damit nicht falsch, die fehlende „Mitte“ beziehungsweise die unfreiwillige Mitte des Ichs schreit nach Zusammenbruch.

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