Am vergangenen Mittwoch berichtete der Stern über ein weiteres Haßvideo gegen die katholische Kirche, diesmal produziert von der „Komödiantin“ Carolin Kebekus. „Dunk den Herrn“ heißt der Titel des Machwerks. Ich will daraus gar nicht zitieren – wer sich an solchem Dreck erfreuen will, kann selbst Youtube bemühen. Als ein alarmierendes gesellschaftliches Armutszeugnis erachte ich weniger die neurotisch um Aufmerksamkeit buhlende Kebekus, sondern vor allem gewisse Kommentare auf der „Facebook“-Seite des Stern. Was da wieder einmal an kübelweisem Haß und dumpfen Vorurteilen gegen Gläubige sämtlicher Religionen ausgeschüttet wurde, wurde erfreulicherweise nicht zensiert – denn so bleibt es uns als Dokument der gesellschaftlichen Schande erhalten. Beispiele gefällig?
„Ewiggestrige Kirchendeppen!! Warum wird die Kirche nicht endlich abgeschafft? Das sind die größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte!!!!!“
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„Gläubige Menschen sind unbelehrbar, da sie resistent gegenüber Argumenten sind. Das kommt daher, weil Religionen nicht auf Fakten und Daten aufgebaut sind, sondern auf blindem Gehorsam und Glauben.“
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„Da man als Atheist regelmäßig seine Intelligenz von Religionen beleidigt sieht, empfinde ich es im Zuge ausgleichender Gerechtigkeit nicht wirklich schlimm, wenn sich jemand über Religionen belustigt.“
Da kommt der progressive Bildungsbürger so recht in Fahrt
Eine andere Kommentatorin wirft „der ach so tollen Kirche“ vor, daß diese doch mal bitte „ihre Ärsche bewegen“ und den Flutopfern helfen wolle. Als jemand daraufhin anmerkt, daß die Kirche dies durchaus tue, antwortet ein weiterer Kommentator mit der Pädophilie-Anspielung, daß sich die Kirche im Zuge der Flutopfer-Hilfen „um die kleinen Kinder“ kümmere.
Ich kann kaum beschreiben, wie sehr mich dieser primitive Radikal-Atheismus anwidert. Dabei ist das theologische und historische Wissen dieser Fanatiker in der Regel sehr gering, das Gedächtnis schwach, die Arroganz und Überheblichkeit dafür aber riesengroß. Was einst als berechtigte Kritik an theokratischem Wahnsinn begann, hat sich mittlerweile zu einem ekelerregenden Volkssport der Selbstgerechtigkeit entwickelt.
Sich über andere Ethnien, Volksgruppen oder sexuelle Identitäten zu erheben, gilt in unserer Gesellschaft zwar als unfein und führt zu teilweise hysterischen Reaktionen. Wenn man jedoch andere Menschen statt dessen wegen ihrer Religion verachtet und verleumdet, dann darf auch der progressive Bildungsbürger ganz ungeniert seine primitiven Vorurteile und seine triefende kulturelle Intoleranz vom Stapel lassen. Da darf am Akademiker-Stammtisch ganz gefahrlos und wohlfeil über „ReligIdioten“ und über das „Opium des Volkes“ hergezogen werden – während man sich freilich trotzdem pseudointellektuell und unheimlich „kritisch“ findet.
Sehnsucht nach Transzendenz wächst
Da dürfen Personen, die teilweise ihre eigenen Kinder unbesorgt und ohne Not jahrelang vor dem Fernseher oder gar dem Internet vergammeln lassen, in der Beschneidungsdebatte hysterisch ,,Verstümmelung“ keifen – und wegen eines abgeschnippelten Hautkrümels eine religiöse Diktatur herbeireden. Da wird wegen geschlechtergetrenntem Schulunterricht schon christlicher Fundamentalismus gewittert. Und da wird wegen des Verbots von Alkohol der Sharia-Staat an die Wand gemalt.
Religion wird als Ursache jeglicher Unterdrückung in der Welt angesehen, während man unter den Teppich fallen läßt, was beispielsweise die atheistische Ersatzreligion des Kommunismus angerichtet hat. Auch religiös motivierte Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus oder den Kommunismus werden von den fanatischen Religionshassern ausgeblendet. Da die Religion mit ihren transzendentalen Angeboten eine ultimative Provokation für den Egalitarismus und für die dekadente Spaßgesellschaft ist, wird sie offenbar zum Feindbild. Alles, was Größe und Würde hat, soll kaputt gemacht werden.
Im Zuge dieses Wahns ist ein alltägliches Klima der säkularen Intoleranz entstanden, durch das bereits vorsichtig Religions-freundliche Positionen unter den Verdacht des religiösen „Fundamentalismus“ geraten. Und wie wir von Kafka gewissen, kann der Verdacht bereits das Urteil bedeuten – besonders in Deutschland. Patrick Bahners, Papst Bendikt XVI. und andere mußten das leidvoll erfahren. Und natürlich wurde auch ich bereits des „christlichen Fundamentalismus“ und des radikalen Islamismus bezichtigt, obwohl ich noch nicht einmal christlich oder islamisch bin, sondern leider nur in einem agnostischen, metaphysischen Sinne an Gott glaube.
Doch je mehr ich von diesem fanatisch-säkularen Wahn angewidert bin, desto näher und sympathischer wird mir die Religion, und desto mehr wächst meine Sehnsucht nach Transzendenz und religiösen Ritualen. Hier soll in keiner Weise religiöser Extremismus schöngeredet werden, aber als Agnostizist hätte ich lieber einen Piusbruder, einen strenggläubigen Moslem oder einen orthodoxen Juden zum Nachbarn, als Richard Dawkins & Co. Der fanatisch-säkulare Wahnsinn bewirkt somit – wie jede verblendete Ideologie – nur das Gegenteil von dem, was er eigentlich erreichen will.