„Pötz Döner! Jetzt sind wir plötzlich alle Türken“, schrieb der Schweizer Blick, während das Nachrichtenmagazin Der Spiegel verkündete: „Deutsch stammt aus der Türkei“. Der Stern wiederum ist sich sicher: „Die deutsche Sprache ist gebürtige Türkin“.
Wer gehofft hat, nach dem Rummel um die Stammelsprache „Kiezdeutsch“ habe die zeitgeisttreue Presse den Gipfel des multikulturellen Sprachblödsinns bereits erklommen, sieht sich enttäuscht. Sie biegt eine wissenschaftliche These so zurecht, daß diese in die heile Scheinwelt paßt, in der es keine Integrationsverweigerung mehr gibt, weil alle irgendwie bunt und glücklich sind und sich liebhaben.
Man fragt sich nur, warum so viele Türken an der deutschen Sprache scheitern, wo sie doch angeblich gebürtige Türkin ist. Vielleicht macht ja die deutsche Sprache etwas falsch? Hat sie sich vielleicht zu weit von ihren vermeintlichen türkischen Wurzeln entfernt? Sollte sie sich möglicherweise bemühen, sich besser zu integrieren, zum Beispiel mit Hilfe von „Kiezdeutsch“?
Haben die Türken uns das Sprechen gelehrt?
Wer nur die Überschriften in der Presse liest, bekommt den Eindruck, die Türken hätten uns das Sprechen beigebracht. Der Hintergrund dieser Meldungen ist in Wirklichkeit jedoch ganz anders. Einige Forscher einer neuseeländischen Universität glauben, den Entstehungsraum der indogermanischen Ursprache genauer orten zu können. Ihre aus der Genetik entlehnte Methode ist jedoch nicht unumstrittenen.
Man kann nur annehmen, daß es diese Ursprache einmal gegeben hat, denn wir besitzen keine unmittelbaren Zeugnisse von ihr. Daher kann man nur ganz grob den Entstehungsraum bestimmen. Die meisten Wissenschaftler nehmen weiterhin an, daß er etwa zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer zu suchen ist. Die neuseeländischen Forscher meinen nun, der Ort liege etwas weiter südwestlich, nämlich in Kleinasien (Anatolien).
Warum das Deutsche keine Türkin sein kann
Die deutschen Medien verkürzten diese Meldung so, daß sie Falsches enthielt und zu Mißverständnissen einlud. Daher ist dreierlei klarzustellen. Erstens: Die deutsche Sprache stammt nicht aus Kleinasien, sondern ist in Mitteleuropa entstanden. Zweitens: Als vor rund 6.000 Jahren die indogermanische Ursprache entstand, gab es in Kleinasien noch keine Türken. Die Turkvölker besetzten Kleinasien ab dem 11. Jahrhundert, also erst, nachdem es die deutsche Sprache bereits gab. Die Republik Türkei gründete sich erst 1923.
Drittens: Türkisch ist keine indogermanische Sprache, sondern eine Turksprache, die zu den altaischen Sprachen zählt. Die indogermanischen anatolischen Sprachen (zum Beispiel Hethitisch) sind hingegen ausgestorben. Unglaublich, daß man auf diese Tatsachen hinweisen muß. Offenbar mangelt es an Allgemeinwissen in den Redaktionsstuben. Oder diese Tatsachen passen einfach nicht ins Wunschdenken mancher Journalisten.