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Von der Gleichheit – Teil I

Von der Gleichheit – Teil I

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Von der Gleichheit – Teil I

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In unserer hochideologisierten Zeit ist wohl der Begriff der Gleichheit derjenige, der den heftigsten Gefühlsrausch auslösen kann. Gleichheit, Gleichheit über alles, über alles in der Welt. Wer in den Geschlechtern, Völkern und Rassen wesentliche Bestimmungen des Menschen erkennt, der ist hassenswert; und er ist es umso mehr, je deutlicher er den Unsinn der Behauptung aufzeigt, daß die Geschlechter, Völker und Rassen „soziale Konstrukte“ seien.

Jaja, diese „sozialen Konstrukte“: Geschlechter, Völker, Rassen und so weiter, kurzum alles, was den einzelnen Menschen ungleich seinem Nächsten macht, das besitze keine Realität für sich. Es sei nur ein Purzelbaum unserer Phantasie, unsere reaktionäre Denkungsart, die uns glauben läßt, hier Ungleichheit ausmachen zu können. Eine Ungleichheit, die erst im Sozialen konstruiert und dann als solche wahrgenommen werde. Aber in Wirklichkeit sind wir doch alle gleich. Oder etwa nicht?

Damit der eine Mensch den anderen wahrnehmen kann, braucht der andere einen Körper. Denn Wechselgespräche mit Toten oder noch nicht Geborenen dürften den meisten doch etwas fremd sein. Der konkrete Mensch, so wie er vor uns steht, wird also zunächst durch Körperlichkeit wahrgenommen. Aber insofern der Mensch ein körperliches Wesen ist, ist er selbstverständlich den gleichen Naturgesetzen unterworfen, wie alle anderen körperlichen Wesen auch.

Das bedeutet nichts anderes, als daß der Mensch gleichwie ein Tier sich fortpflanzt, in Gruppen differenziert und so weiter. Dadurch erhält der konkrete Mensch aber immer wesentliche Bestimmungen: er gehört einem Geschlecht an, nicht beiden; er gehört einem Volk an, nicht allen; er besitzt nur einige Rassemerkmale, nicht alle, und so weiter. Der konkrete Mensch ist also immer nur ein Teil von dem, was ein anderer Mensch auch ist. Er ist ihm damit notwendig ungleich.

Ungleichheit ist keine „soziale Konstruktion“

Ungleichheit ist also keine „soziale Konstruktion“, sondern Folge unserer Wahrnehmungsweise. Gewiß, mit philosophischen Spielereien und mit Immanuel Kant mag man Konstruktionen noch vor unserer Wahrnehmung annehmen. Beispielsweise eine „Ideologie der Ungleichheit“, die dieser vorgaukle, hier einen Menschen mit anderem Geschlecht, mit anderer Volks- und Rassenzugehörigkeit vor sich zu haben. Allein, der Vorwurf fällt auf einen selbst zurück.

Denn wenn man Gleichheit wahrnehmen möchte, die Sinne das aber gar nicht leisten, weil sie den konkreten Menschen immer nur über dessen Körperlichkeit erfassen können, dann bildet jemand vielleicht die Meinung aus, daß sie ihn täuschen. Diese Meinung aber, daß die sinnliche Wahrnehmung täuscht, weil man einer hierzu im Widerspruch stehenden Annahme eine höhere Wahrheit zuspricht, ist nun aber etwas, das man gewöhnlich Ideologie nennt.

Was die sinnliche Wahrnehmung einem sagt, das will man aus irgendwelchen Gründen ablehnen. Also schafft man sich eine andere Wirklichkeit, in der einem erklärt wird, wieso die Sinne trügen und die wahre Wirklichkeit erst vermittelt werden muß. Man mag das dann „Aufklärung“ oder „fortschrittliches Denken“ nennen, aber Ideologie bleibt es doch. Diese geschaffene Wirklichkeit ist dann nichts anderes als ein – im genauen Wortsinn – soziales Konstrukt.

Gleichheit ist eine soziale Konstruktion

Es ist schon so: Die Ungleichheit des Menschen ist kein „soziales Konstrukt“. Wieso auch? Die Sinne können doch nichts dafür, daß sich die Menschen nun einmal von einander unterscheiden. Sie nehmen diese Unterschiede lediglich wahr, ohne daß etwas konstruiert werden muß. Sehr wohl ein soziales Konstrukt ist dagegen die Gleichheit des Menschen. Denn diese Gleichheit muß erst als Ideologie gegen die sinnlich wahrgenommene Ungleichheit durchgesetzt werden.

Damit gewinnt aber etwas an Bedeutung, das zuvor vernachlässigt werden konnte. Es ist dies der Mensch mit seiner Vernunft. Die sinnliche Wahrnehmung und mit ihr verwoben die Feststellung von menschlicher Ungleichheit, die konnte noch weitgehend ohne Vernunft auskommen. Sie orientierte sich nur an dem Konkreten und ging kaum darüber hinaus. Nun aber spielt der Mensch mit seiner Denktätigkeit hinein. Und das ändert die Verhältnisse grundlegend.

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